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Whisky aus aller Welt – so gut wie aus Schottland?

Malting floor bei Laphroaig

Tja, wenn die­se Fra­ge so ein­fach zu beant­wor­ten wäre, dann bräuch­te ich kei­nen Arti­kel dazu schrei­ben. Schau­en wir uns doch ein­mal an, was schot­ti­schen Whis­ky ausmacht.

Malting floor bei Laphroaig

Zunächst ein­mal müs­sen wir klä­ren, von wel­chem Whis­ky wir eigent­lich reden. In der Regel meint man Malt Whis­ky, also Whis­ky aus gemälz­ter Gers­te. Damit ver­bie­tet sich schon mal der Ver­gleich mit ame­ri­ka­ni­schem Bour­bon oder Rye, der aus Mais bzw. Rog­gen gebrannt wird (bzw. einer Getrei­de­mi­schung, die die­se Getrei­de mehr­heit­lich ent­hält). Das dabei geschmack­lich etwas ande­res her­aus­kommt soll­te klar sein. Aber auch in ande­ren Län­dern der Welt wird nicht immer (nur) Malz ver­wen­det. In Irland gibt es z.B. den „Pure Pot Still“, bei dem schon in der Mai­sche unge­mälz­te Gers­te bei­gemengt wird. Aus Frank­reich kommt ein Buch­wei­zen-Whis­ky (was streng genom­men nicht mal ein Getrei­de ist). Auf der schwä­bi­schen Alb gibt es einen Bren­ner, der Din­kel ver­ar­bei­tet. Und so weiter …

Aber nicht nur das Getrei­de ist ent­schei­dend, auch des­sen Ver­ar­bei­tung. Manch­mal wird der Ein­fach­heit hal­ber (Bier-)Brau­malz ver­wen­det, ger­ne auch stark gerös­te­tes (für Schwarz­bier) oder über Holz geräu­cher­tes (für Rauch­bier). Manch­mal wird auch loka­ler Torf ver­wen­det, um stark getorf­ten Islay-Whis­ky zu imi­tie­ren, wie z.B. beim Sän­tis Malt aus der Schweiz.

Mash tun bei Bunnahabhain

Ein wei­te­rer unter­schätz­ter Fak­tor ist das Was­ser. Woher kommt es? Wodurch ist es geflos­sen? Hat es Mine­ra­li­en auf­ge­nom­men, wel­che Här­te hat es? Das hat z.B. Ein­fluss auf die Arbeit der Hefe, womit wir gleich zum nächs­ten Fak­tor kom­men. Vom Bier weiß man, dass man mit unter­schied­li­chen Hefe­stäm­men den Geschmack des Bie­res total ver­än­dern kann. Beim Whis­ky ist das nicht anders.

Pot stills bei Glenlivet

Wie wird der Whis­ky gebrannt? Eine typisch schot­ti­sche Pot Still ergibt ein ande­res Destil­lat als die im Rest Euro­pas gebräuch­li­chen Destil­la­ti­ons­an­la­gen für Obst­schnaps (die übri­gens fast alle vom sel­ben Her­stel­ler am Boden­see kom­men) oder eine fran­zö­si­sche Cognac- oder Cal­va­dos-Alam­bic. Oder wird er viel­leicht sogar wie Bour­bon und Grain Whis­ky in kon­ti­nu­ier­li­chen Destil­la­ti­ons­an­la­gen („Cof­fey Stills“) gebrannt?

Und dann natür­lich der wich­tigs­te Fak­tor – die Rei­fung. Schot­ti­scher Whis­ky reift auf Grund des eher küh­len und feuch­ten Kli­mas lan­ge und lang­sam in gebrauch­ten Eichen­holz­fäs­sern, ger­ne in der Nähe des Mee­res. Ein drei­jäh­ri­ger schwä­bi­scher Whis­ky aus einem Rot­wein­fass, drei Jah­re in der Nähe von Stutt­gart gereift kann nicht das sel­be Ergeb­nis her­vor­brin­gen. Woher stam­men die Fäs­ser? Was war vor­her drin? Wie lan­ge ist er gereift? In wel­chem Klima?

Fässer bei Macallan

Ist also schot­ti­scher Whis­ky gene­rell bes­ser als der Whis­ky aus dem Rest der Welt, auf­grund von Aus­rüs­tung, Kli­ma, Erfah­rung? Nein, er ist nur anders. Aber er ist unse­re geschmack­li­che Refe­renz, weil wir ihn ken­nen und lie­ben. Und wir wer­den jeden ande­ren Whis­ky, woher er auch kom­men mag und wie und aus was er auch her­ge­stellt sein mag, unwill­kür­lich mit ihm ver­glei­chen. Man­che Län­der und Pro­du­zen­ten schaf­fen es, die­ser Refe­renz näher zu kom­men als ande­re. Man­che schaf­fen es, ihrem Whis­ky eine eige­ne Note zu geben. Und wie­der ande­re schme­cken ein­fach nur nach Obstschnaps.

Ich bin ein gro­ßer Fan von japa­ni­schem Whis­ky, der eine ganz eige­ne Note hat (unter ande­rem durch die japa­ni­sche Eiche). Ich habe erst vor kur­zem her­vor­ra­gen­de Abfül­lun­gen aus Tas­ma­ni­en und Süd­afri­ka pro­biert. Es gibt tol­len wali­si­schen, eng­li­schen und schwe­di­schen Sin­gle Malt. In der Bre­ta­gne wird abso­lut kon­kur­renz­fä­hi­ger fran­zö­si­scher Whis­ky destil­liert. Amrut aus Indi­en hat in den letz­ten Jah­ren Euro­pa im Sturm erobert. Und die Iren waren ver­mut­lich schon vor den Schot­ten da.

Und war­um sind die Sin­gle Malts aus den genann­ten Län­dern anders als alles, was es in den letz­ten Jah­ren aus Deutsch­land, Öster­reich und der Schweiz gab? Weil in jeder die­ser Destil­le­rien ech­te Pot Stills ste­hen (die ver­dammt teu­er sind, weil Hand­ar­beit), weil sie zum Teil ihr Hand­werk in Schott­land gelernt haben, weil sie in Pro­duk­ti­on und Lage­rung groß inves­tiert und sich die rich­ti­gen Fäs­ser geholt haben. Weil es eben kei­ne Klein­bren­ner sind, die neben­her „mal eben“ einen Whis­ky bren­nen wol­len, son­dern weil sie mit Enthu­si­as­mus und viel Geld rich­ti­gen, kon­kur­renz­fä­hi­gen Whis­ky bren­nen wol­len. Und sich nicht damit auf­hal­ten, den Leu­ten was von „eigen­stän­dig“ zu erzäh­len und dabei eigent­lich nur zu mei­nen: Wir bekom­men es nicht bes­ser hin.

In Deutsch­land, Öster­reich und der Schweiz gibt es inzwi­schen wenigs­tens Ansät­ze, es bes­ser zu machen. Noch hat­te ich aber kei­nen „ein­hei­mi­schen“ Sin­gle Malt im Glas, den ich nicht sofort als sol­chen erkannt hät­te (was prin­zi­pi­ell ja auch kein Feh­ler sein muss, sie­he Japan). Und noch hat­te ich kaum einen, von dem ich mir mit Genuss eine Fla­sche gekauft hät­te. War­ten wir es ab.

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Jörg Bechtold beschäftigt sich seit Ende der 90er Jahre mit Single Malt Whisky. Auf mehreren Reisen nach Schottland hat er Land und Leute kennengelernt sowie viele Destillerien besucht. 2002 hatte er die WHISKYFANPAGE.DE begründet, seit 2006 schreibt er dieses Blog und ist außerdem als Referent für Whisky-Tastings tätig.