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Sherry-Cask oder Sherry-Farce?

Vie­le mögen Whis­kys, die in Sher­ry-Fäs­sern gereift sind, ob als vol­le Rei­fung über die gan­ze Lager­zeit oder als Finish für ein paar Mona­te. Die Far­be, der sam­ti­ge Geschmack, die Frucht- und Holz­no­ten geben vie­len Whis­kys eine neue Dimension.

MJTF / Pixabay

Ger­ne erzählt man dann bei Tastings vom Sole­ra-Ver­fah­ren bei Sher­rys, von den ver­schie­de­nen Sor­ten von Fino über PX (Pedro Xime­nez) bis Olo­ro­so und vom Ein­fluss der Euro­päi­schen Eiche, aus denen die spa­ni­schen Sher­ry-Fäs­ser bestehen.

Nur stimmt das lei­der in den sel­tens­ten Fäl­len. Schon frü­her, wo eben nicht alles bes­ser war, han­del­te es sich in den meis­ten Fäl­len um rei­ne Trans­port­fäs­ser, denn die Sole­ra-Fäs­ser waren viel zu alt und zu wert­voll. Seit 1986 gibt es in Spa­ni­en außer­dem die Rege­lung, dass Sher­ry nur noch in Fla­schen das Land ver­las­sen darf. Seit­her kön­nen also nur noch ent­leer­te Fäs­ser (mit ein paar Litern gegen die Aus­trock­nung auf dem Trans­port) expor­tiert werden.

Unge­fähr zu sel­ben Zeit kam das The­ma Fass-Manage­ment auf. Die Destil­le­rien in Schott­land gaben sich nicht mehr mit irgend­wel­chen Fäs­sern zufrie­den, son­dern woll­ten genau wis­sen, was da vor­her drin war. Vie­le Destil­le­rien gehö­ren zu welt­weit ope­rie­ren­den Geträn­ke-Kon­zer­nen und da lag es nahe, sich gleich Sher­ry-Bode­gas zu kau­fen oder zumin­dest mit ihnen zu koope­rie­ren. Seit­her wer­den oft extra für die Whis­ky-Lage­rung her­ge­stell­te Fäs­ser mit einem ein­fa­chen, jun­gen Sher­ry befüllt, der für eine defi­nier­te Zeit im Fass bleibt und es mit dem Sher­ry-Geschmack impft (eigent­lich engl. sea­so­ned = dt. würzt, klingt im Deut­schen aber komisch). Danach wird er meist zu Sher­ry-Essig wei­ter verarbeitet.

Und auch das mit der euro­päi­schen Eiche stimmt nur bedingt. Die Eichen­wäl­der in Spa­ni­en und Frank­reich sind nicht end­los und brau­chen lan­ge zum Nach­wach­sen. Fäs­ser aus ame­ri­ka­ni­scher Eiche sind viel güns­ti­ger und geben mit ihrer star­ken Vanil­len­o­te dem Sher­ry-Whis­ky eine fei­ne Süße mit auf den Weg, die beson­ders mas­sen­taug­lich ist.

Schon frü­her wur­de in die­ser Rich­tung getrickst. Wenn Sher­ry-Fäs­ser alt und aus­ge­lutscht waren, hat­te man sie mit Paxaret­te, einem Süß­wein aus PX-Trau­ben und Trau­ben­most, befüllt und die­sen mit Über­druck in die Fass­wän­de gepresst. Erst 1989 wur­de es ver­bo­ten und ist ein Grund dafür, war­um vie­le Sher­ry-Whis­kys aus den 70ern und 80ern anders schme­cken als heu­te. Ver­bo­ten wur­de aller­dings nur die Ver­wen­dung von Paxaret­te, nicht die Wie­der­be­fül­lung an sich…

Im aktu­el­len Malt Whis­ky Year­book 2019 fin­det sich ab Sei­te 9 ein sehr aus­führ­li­chen Arti­kel zu die­sem The­ma, in dem Richard Pater­son betont, dass für Dal­mo­re ech­te (Apos­to­les und Matus­a­lem) Bode­ga-Fäs­ser ver­wen­det wer­den, die 30 Jah­re lang in Gebrauch waren. Es wer­den aber auch Fäs­ser aus euro­päi­scher und ame­ri­ka­ni­scher Eiche her­ge­stellt und mit „Amo­roso-style Sher­ry“ befüllt.

Letzt­end­lich kann man sich also nie ganz sicher sein, in was für einer Art von Sher­ry-Fass der Whis­ky letzt­end­lich gela­gert wur­de. Es kann es einem ande­rer­seits auch egal sein, so lan­ge das End­pro­dukt schmeckt. Man soll­te sich nur im Kla­ren dar­über sein, dass ein „Sher­ry-Fass“ sehr unter­schied­li­che Din­ge bedeu­ten kann.

Ich per­sön­lich mag lie­ber Whis­kys aus Bour­bon-Bar­rels, weil dort der Destil­le­rie-Cha­rak­ter nicht durch den Sher­ry über­deckt wird. Ande­rer­seits gibt es sehr gute Abfül­lun­gen aus wie­der befüll­ten Sher­ry-Fäs­sern und auch manch ande­re Finis­hes wie Rum oder Madei­ra mag ich sehr ger­ne, die dem Whis­ky natür­lich genau so ihren Stem­pel auf­drü­cken. Kurz gesagt: Jedem das seine!

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Jörg Bechtold beschäftigt sich seit Ende der 90er Jahre mit Single Malt Whisky. Auf mehreren Reisen nach Schottland hat er Land und Leute kennengelernt sowie viele Destillerien besucht. 2002 hatte er die WHISKYFANPAGE.DE begründet, seit 2006 schreibt er dieses Blog und ist außerdem als Referent für Whisky-Tastings tätig.