von Ernie Ernst J. Scheiner, The Gateway to Distilleries

Über tausend Tasting Sets mit den neuen Signature Editions Eight und Nine verschickte die unterfränkische St. Kilian Brennerei aus Rüdenau an ihre Fan Group. Distillery Manager Mario Rudolf und Brennereigründer Andreas Thümmler präsentierten ein informatives und thematisch abwechslungsreiches Online-Tasting aus dem Still Room. Ihr Special Guest, der Master Distiller und ehemalige Geschäftsführer der Distillery Cooley im Co. Louth sowie heutige Director der Great Northern Distillery in Dundalk, setzte die Pace: David F. Hynes.
Das Trio diskutierte u.a. vier neue Kilian-Produkte
- Signature Edition Eight. Rauchig*
- Signature Edition Nine. Mild*
- Bud Spencer – The Legend – Whisky (mild Version), Batch 2*
- Bud Spencer – The Legend – Whisky (rauchige Version), Batch 1
- Kilian Special Release. Turf Peak. Ausgesucht von David F. Hynes und Mario Rudolf*
- Kilian Distillery Handfilled Single Cask Bottle Straight from a Ruby Port Cask*
- Kolonat’s Choice, Single Malt Whisky Likör
*Nur diese werden besprochen.
Der passionierte Physiker und Chemiker Hynes, ein Absolvent der Harvard University, hatte ursprünglich die St. Kilian Destillationsanlage zusammen mit Andreas Thümmler geplant. Beide sind sie in einer Whiskey-Freundschaft sehr eng miteinander verbunden. Sie ist die Basis für die Erfolge der Kilian Whiskys. Seit 2016 sprudeln Destillate aus heimischem und schottischem Gerstenmalz durch die jeweils 6 000 Liter großen kupfernen Brennblasen. Gedengelt hatten sie in der Pre-Brexit-Period die berühmten Kupferschmiede von Forsyth in Rothes. Das Kilian Team um Distillery Manager Mario Rudolf installierte die klassischen Swan Neck Pot Stills. Die aus Kiefer aufgebauten Gärbottiche kamen aus Dufftown. Lokale Handwerker verfeinerten die Destillationsanlage. Entstanden ist eine eindrucksvolle State of the Art Distillery.
Motivation und Perspektive
Der diplomierte Braumeister Mario Rudolf erlernte die Destillation vom erfahrenen David Hynes. Er schulte und begleitete den aus dem nahen Amorbach kommenden Franken und verhalf ihm zu einem Praktikum bei der schottischen Ikone Billy Walker. Der erfahrene Master Distiller Alan McConnochie zeigte ihm die Tricks und Kniffe der schottischen Destillation. Die East Highland Distillery Glendronach ermöglichte dem hochmotivierten Brauer differenzierte Einsichten in die schottische Art der Whisky-Herstellung. Mannigfache Grundlagen des Brennens und Reifens wurden gesetzt. In der St. Kilian Distillery diversifizierte Mario Rudolf konsequent die Methoden des Brauens und der Destillation. Eigenständige Kilian Destillate entwickelten sich.
Geschickt hatte David Hynes die Tore in eine neue Whisky-Welt geöffnet. Denn entsprechend irischen Traditionen integrierte der versierte Anlagenentwickler einen Reflux Condenser – Dephlegmator, eine Art Rohrspirale durch die eine Kühlflüssigkeit fließt – in den Lyne Arm der Feinbrandblase – Spirit Still. Dieses Tool erlaubt seither Rudolf die Feinsteuerung der Intensität des Rückflusses des kondensierten Alkoholdampfgemischs aus dem Lyne Arm in den Kessel je nach gewünschtem New Make Charakter: sauber, rein oder fett und robust. Die variable Wasserkühlung des Dephlegmators verstärkt oder vermindert die einsetzende Aufreinigung des Destillats. Die Folge, der Reflux Condenser generiert je nach Temperatur der Kühlflüssigkeit unterschiedliche Aromaprofile bei den New Make Spirits: „multiple distilled Irish Style“ oder „…einen sehr harschen charaktervollen Whisky“. So etwas ist spannend und herausfordernd zugleich. Vielfalt ist das Ergebnis.
Bei Kilian wird selbstverständlich nach schottischer Methode gebrannt, d.h. Vorlauf und Nachlauf werden grundsätzlich dem Rohbrand aus der ersten Destillationsstufe beigemischt und somit wieder und wieder in der Feinbrandblase destilliert. Master Distiller Rudolf spricht daher gerne von der „Seele der Kilian Whiskys.“ Es gibt derer allerdings zwei: eine Nichtrauchige und eine Rauchige. Foreshots und Feints werden in getrennten und verplombten Stahlbehältern bereitgehalten. “Der Alkohol wird nicht verworfen.“
In 255 verschiedenen Fasskulturen reifen die Kilian Spirits zu Whiskys heran. 7560 Fässer liegen aktuell vorwiegend in der über 70 ha großen Bunker City auf 440 m Meereshöhe in den nahegelegenen Hügeln von Rüdenau (Stand Oktober 2021). Zum Vergleich bei Great Northern sind es 297 600 Casks, verstreut über ganz Irland. Die bei Kilian in den Konversionslagerhäusern – ehemalige Munitionsbunkeranlagen aus dem Kalten Krieg – vorherrschende und konstante Temperatur schafft ein sehr förderliches Mikroklima für die Whiskyreifung. David Hynes bewundert Mario Rudolfs differenziertes Wood Management und nennt ihn charmant, einen Whisky Wizard of Wood. In der Tat Rudolf zaubert mit den Fassrezepturen und „Aufmischungen“ immer wieder neue aromatisch überraschende Whiskys. Initiator und Alleinbesitzer Thümmler freut sich über 60 Medaillen und den angestrebten Ertrag von 300 000 Liter Malt Spirit im laufenden Jahr 2021. Fünf Jahre zuvor zu Beginn waren es 60 000 Liter reiner Alkohol.
Halten wir fest: Europa machte diese intensive grenzüberschreitende Zusammenarbeit möglich. Der direkte Bezug von qualitativ leistungsstarken Fässern innerhalb der EU und aus den USA erlaubt die Herstellung attraktiver Whiskys. Das Europarecht erlaubt den Whisky-Brennern die Verwendung von jedwedem Holz für die Whisky-Reifung – in Schottland darf nur Eichenholz den Whisky prägen. Die grenzüberschreitende EU-weite Kooperation mit Brennereien, nationalen und internationalen Küfereien, Bodegas, Weingütern u.a. gewährt eine individuelle Auswahl der Fassqualitäten.
Bud Spencer schlägt zu
Es war wohl der erfolgreichste und überraschendste Whisky-Launch in der deutschen Whisky-Landschaft. Blicken wir zurück. Corona wütete im Dezember 2020 als eine neue Whisky-Marke in die Regale der deutschen Spirituosengeschäfte kam: ein Single Malt von St. Kilian unter dem Namen Bud Spencer. Das ließ Aufhorchen. Die Medienresonanz war heftig. Der italienische Schauspieler weckte unter seinen deutschen Fans multiple Emotionen und Empathie. Kein Wunder, dass die erste Teillieferungen in wenigen Wochen vergriffen war. „Wir mussten schleunigst nachliefern,“ erzählt Rudolf, „insgesamt strömten mit der Bud Spencer Batch 1.2 weit über 30 000 Flaschen in den Markt. Wir wurden vom Erfolg überrascht. Wir kamen an unsere Produktionsgrenzen.“ Der Single Malt mit 46 % vol und fairem Preis begeisterte weite Teile der Whisky-Community. Bud Spencer fand darüber hinaus neue Genießende, die bis dahin einen deutschen Whisky eher abseits sahen. Sankt Kilian war in wenigen Wochen sprichwörtlich in aller Munde. Welch ein großartiger Marketingerfolg, welch ein fulminantes Productplacement! Der rauchige Bud Spencer Single Malt aus Rüdenau erweiterte alsbald das Portfolio von St. Kilian. Solch ein Phänomen hatte es bisher in der neueren deutschen Whisky-Landschaft in dieser Art und Wirkung noch nicht gegeben.
Die vorgesehenen Lagerbestände neigten sich allerdings dem Ende. „Wir waren überwältigt, was letztes Jahr vor Weihnachten abgegangen war,“ erzählt Rudolf, „wahrscheinlich der größte Whisky-Release, den es in Deutschland gegeben hat…wir konnten ihn… längere Zeit nicht mehr bedienen…wie kann man dem Ganzen Herr werden?“ Die Verantwortlichen bei Kilian mussten umdenken. Alte Projektideen wurden aufgegriffen und mündeten in „…eine starke Neuerung…einen international Blend…“ Für Andreas Thümmler war es eine natürliche Folge der bisherigen Zusammenarbeit, „…dass beide Master Distiller einen Whisky zusammen kreieren.“
Die grenzüberschreitende Überraschung
„Das Batch 2 des neuen Bud Spencer Whisky ist ein Crossover der Master Distillers, die quasi Sankt Kilian aufgebaut haben. Ein Blend von Mario und David,“ freute sich sichtlich der aus Rüdenau stammende Andreas Thümmler, „ich bin persönlich sehr begeistert…das ist einfach ein klasse Blend.“ Der Whisky dokumentiere nicht nur die europäische Zusammenarbeit, sondern auch die Freundschaft des Trios. Die Not machte sie erfinderisch. Kreativ lösten sie die Versorgungsprobleme, denn die Kilian-Lagerbestände erlaubten keine Neuauflage der bisherigen Rudolf-Vatting-Rezeptur aus 80 % Bourbon- und 20 % Amarone-Fassgereiften Kilian Whiskys. Ein neues Produkt musste kreiert werden. „Warum nicht die von Mario und David generierten Whiskys zusammenführen?“ dachte sich Thümmler. Pläne wurden formuliert, GND Proben wurden monatelang ausgetauscht. Das Team schuf Neues, das es bisher in dieser Zusammenstellung in der gegenwärtigen deutschen Brennereigeschichte so noch nicht gab.
Ohne Import- und Zollprobleme kamen aus der Great Northern Distillery in tausend Liter großen IBC-Containern jeweils ein etwas über dreijähriger Pot Still Whiskey sowie ein ähnlich alter Single Malt nach Rüdenau. Die dreifach destillierten Spirits reiften zuvor in Bourbon Barrels in Ireland und wurden von Hynes und seinem GND-Team aromatisch selektiert und gevattet. Es war Rudolfs Herausforderung und Aufgabe aus den eigenen Amarone- und Rotweinfass gelagerten Kilian-Beständen und den irischen GND-Whiskeys einen Verschnitt zu komponieren, der eine überzeugende aromatisch typische Bud Spencer-Ausstrahlung aufweisen sollte.
Das Ergebnis mündete in einen „Ausmischung“ von 18,75 % Amarone-Fass- und anderen Rotweinfassgereiften zweifach gebrannten nichtrauchigen Kilian Malts, die sich mit dreifach in Brennblasen gebrannten 18,75 % GND-Pot Still Whiskey und 62,5 % GND-Single Malt in der St. Kilian Brennerei vermählten. Der GND Pot Still Whiskey ist ein typisch irische historisch gewachsene Destillationsvariante. Grundlage ist eine Mashbill aus einem größeren Teil gemälzter Gerste und einem kleineren Teil unvermälzter sowie etwas Rye und Hafer. Destilliert wurde der Geteidemix in der Harp Brewery in Dundalk. Hynes hatte die ehemaligen Sudbehälter von Forsyth umbauen lassen. In den horizontalen Lyne Arm der Feinbrandblase installierte er eine kühlende Reflux-Spirale und führte das sich dort kondensierende Alkoholdampfgemisch über eine Rohrleitung direkt in den Kessel zurück. „Der Pot Still ist ein sehr prägnantes Produkt,“ meint Hynes.
Mario und David verzichten im neuen Bud Spencer Batch 2.00 gänzlich auf einen GND Grain Whiskey wie das sonst bei irischen oder schottischen Blended Whiskys üblich wäre.
Möglichen Kritikern sei an dieser Stelle angedeutet: Es ist für eine deutsche Whisky-Brennerei durchaus legitim, ein derartiges grenzüberschreitendes Verfahren der Zusammenarbeit und der Produkterweiterung zu wählen. Die Herkunft des Produkts wird auf dem Label für den Verbraucher deutlich und transparent formuliert. Außerdem ist die Entstehung von St Kilian, entsprechend des Namenspatrons mit dem aus Irland nach Franken kommenden Missionar sehr eng philosophisch-theologisch verbunden, wie auch das Trio Rudolf, Hynes, Thümmler untereinander. Es wird nichts vor den Verbrauchern verheimlicht. Wichtig für sie ist, dass ihnen der milde Bud Spencer Whisky schmeckt und das Preis-Leistungsverhältnis gefühlt stimmt. Die Faszination liegt ebenfalls in der interkulturellen Begegnung: Italienischer Schauspieler, irischer Distiller, deutscher Distiller und Master Blender und fränkischer Besitzer.
Wie schmeckt der neue Bud Spencer Whisky?
Im Glas entfaltet sich ein Whisky, dessen helle, leicht grünlich-warme Farbe an einen Pinot Grigio delle Venezie erinnert. Die dick-öligen Schlieren lassen einen aromadichten Whisky mit vollem Körper vermuten. Die Nase wird nicht enttäuscht, intensiv fruchtig-frische Aromenbündel sowie Noten von Malzbonbons umschmeicheln das Riechorgan. Freudig ist die positive Erwartung an einen wohlschmeckenden Whisky. Der fruchtige, honigartig-süße, cremig-ölige Geschmack mit einem gehörigen Schuss Vanille fasziniert spannend Zunge, Gaumen und Nase. Es sind insbesondere die aufkommenden würzigen, pfeffrigen Noten, die den jungen Whisky harmonisch ausbalancieren. Anhaltende Pfefferminzeindrücke münden in einen frischen Whisky. David Hynes mag den aufblitzenden old fashioned Irish Character of Pot Still im Bud Spencer Blend, er ist begeistert, denn sein „…Pot Still pushes to the front…very forward.“ Mario Rudolfs integrierende Blending Künste münden in einen sehr leckeren und süffigen Whisky, der das tatsächlich jugendliches Reifealter vergessen macht. „Italien, Irland und Deutschland und in einem perfekten Blend, „versprechen die Whisky-Macher. Sie lagen mit dieser Ankündigung nicht falsch, denn viele Kilian Fans waren von der neuen Rezeptur begeistert. Kommentare belegen dies.
Das „milde“ Batch 2 mündete in 27 000 Flaschen, die mit 46 % vol nicht kühlfiltriert und ohne eine Zuckerkulörfärbung in der „markanten“ Bud Spencer Flasche von Hand in der Brennerei abgefüllt wurden. Der LEH Preis liegt bei moderaten 39,90 Euro / 07 l. Eine rauchige Bud Spencer Variante werde demnächst folgen. Neue Märkte können in Ungarn und Italien erschlossen werden, denn dort ist der Schauspieler Bud Spencer eine beliebte und sehr populäre Größe, im Gegensatz zur Rezeption in Irland.
Cask Management Result
Begeisterung entfachte der aus 100 % deutschem Pilsner Malz von der fränkischen Mälzerei Weyermann hergestellte Signature Nine. Reifen durfte die 55,3 % vol starke neue vollfruchtige Abfüllung in 32 fünfzig Liter kleinen und Quarter Bourbon Casks (62 %, aus 2016, 2017 und 2018) in der zuvor die Garrison Brothers aus Texas ihren preisgekrönten seltenen Whiskey ausbauten. Premier Cru Sauternes Barriques mit 225 Liter Fassungsvermögen (27 %) prägten „den Körper“ seit 2016 und 2017 die andere Charge des St. Kilian Malts. Getoppt wurden die „Aromen der Kopfnote“ mit einem Kilian Whisky, der 2017 in zwei 225 Barriques aus Pfälzer Eiche (12 %) heranreifte. Das Holz wuchs im Forst Johanniskreuz. Geböttchert hatten sie die Küfer von Markus Eder in Bad Dürkheim. 7 500 Flaschen in der kleinen 0,5 l Pot Still Form wurden von fleißigen Händen in der Brennerei in natürlicher Farbe und ohne Kühlfiltration gefüllt (für Sparer gibt es 1 200 Minis). Die Vorliebe von Weinfassreifungen bei St. Kilian wird bei der neuen Variation eindrucksvoll lebendig.
Wie schmeckt der Signature Nine?
Opulent fruchtig süß steht der „Sigi 9“ im Glas und entfaltet einen gewaltigen Aromastrauß. Die Sauternes Aromen des Süßweins aus Bordeaux dringen prominent in die Nase: fruchtig, süß, würzig. Nicht allzu pfeffrig wirkt die Zunge. Die Würzigkeit ist eher nussig, geriebene Mandeln vermischen sich zu Marzipan wie auch karamellartigen Sahnebonbons. Ein Korb reifer Pfirsiche gesellt sich dazu. Es ist ein wahrer Einschmeichler, den man im Grunde nicht trinken müsste, denn das vielschichtige ausbalancierte Aromaprofil begeistert immer wieder aufs Neue: Riechen, Riechen, Riechen. Die Zugabe von etwas Wasser verändert zu einer breiteren Struktur, sie macht den Kilian interessanter, charaktervoller. Er wird insgesamt fruchtiger und deutlich süßer, fast schokoladiger. Der Nachklang zeigt sich lange anhaltend. Diesen zweifach gebrannten St. Kilian Whisky würdigt Weile, Zeit und eine angenehme Gesellschaft in einer entspannten Atmosphäre. Es ist ein Whisky für Genießende. Meisterhaft, ein harmonisches Schmuckstück für Nase, Zunge und Gaumen.
Komplexität des Fassmanagements
Master Blender Mario Rudolf kann in den Lagerhäusern aus dem Vollen schöpfen. Der rauchige Kilian Signature Eight füllte 8 888 Flaschen mit einer bemerkenswert hohen Alkoholkonzentration von 53,8 % vol. Schottisches Gerstenmalz mit einem Phenolgehalt von 54–56 ppm von den Glenesk Maltings, südlich von Aberdeen gelegen, war die Grundlage für das doppelt gebranntes Destillat.
Rudolfs „Ausmischungsrezeptur“ ist mehr als komplex. Diese Individualität ist in einer schottischen Distillery kaum denkbar, zumal dort nur Eichenholzfässer verwendet werden dürfen, im Gegensatz zu Brennereien in der EU, wo jegliches Holz zur Reifung von Whisky Destillaten möglich ist. Sieben Fassarten kamen beim Vatting des Kilian Signature Eight Edition zur Auswahl:
- Elf 43 % Ex-Rye Barrels (je 190 l, 2017/18))
- Zehn 20 % Bourbon Casks (je 100 l, 2017/18) von der Garrison Brother Distillery in Texas
- Zehn 5 % Peated Bourbon Casks (je 20 Liter, 2017/18) von Kings County Distillery in Brooklyn, New York
- Drei Bourbon Casks (38 l) von Kings County Distillery in Brooklyn, New York
- Vier 19 % Barriques (225l) in denen Winzer aus dem Rioja rote Weine ausbauten
- Zwei 9 % Pfälzer Eiche Virgin Oak (228 l, stark getoastet)
- Ein 2 % Fass aus einer spanischen Akazie (100 l) „bringt eine bernsteinartige Farbe, etwas bittere Aromen“
Master Blender Mario Rudolf blickt auf einen riesigen Fass-Schatz zurück, den es in dieser breit angelegten Diversifikation in keiner Whisky-Brennerei weltweit gibt. Es ist ein ausgesprochenes Alleinstellungsmerkmal von St. Kilian. Bevor die Rudolf-Rezeptur eines neuen Signature zur Auswahl gelangt, begutachtet der Teamplayer seine Vorschläge zusammen mit Head Distiller Zoltan Fodi, Andi Thümmler und weiteren Kolleginnen und Kollegen. Sie diskutieren und finden die richtige „Ausmischung“. Alle wirken sie am Erfolg von Kilian mit.
Wie schmeckt der Signature Eight?
Ein angenehmer nicht aufdringlicher erdiger Rauch strömt mit fruchtigen Noten in die Nase. „Sie ändern sich ständig,“ meint Rudolf. Der Malt strahlt eine ausgewogene Balance zwischen fein-fruchtigem Rauch, dezenter Vanille und etwas Holz aus. Der Rauchige erscheint auf der Zunge honigsüß. Damit wird der „Sigi 8“ sehr süffig und steht den Islay- Parallelen in nichts nach. „Die pfeffrigen Noten auf der Zunge kommen vom Holz,“ meinte David Hynes. Ein paar Tropfen Wasser helfen den Whisky aromatisch aufzuschnüren: „Mit etwas Wasser kommt er vollmundig durch,“ ergänzt Andreas Thümmler, „er zeigt eine sehr schöne ausgewogene Komplexität.“ Hynes fügt hinzu: „Jedes Mal, wenn man riecht entdecke ich etwas Neues.“ Kilian destilliert derzeit 40 % der Jahresproduktion rauchig. Der Post-Brexit hat den Import von schottischem Rauchmalz etwas problematischer werden lassen, vor allen Dingen was die Zollformalitäten angeht. „Die Versorgung ist allerdings gesichert,“ beruhigt Rudolf die Whisky-Gemeinde. Freunde eines rauchigen Malts werden die achte Kilian-Variation mögen.
Der Phantastische. Turf Peak – Master Distillers‘ Selection
Eine Fassstärke von sage und schreibe 60,2 % vol steht thronend im Glas der Spezialabfüllung. Die Perlenkette signalisierte visuell: Achtung, sehr hohe Alkoholkonzentration, sei vorsichtig mit der Nase! Der Whisky dokumentiert die Variabilität der Destillationsapparatur und Experimentierfreude bei St. Kilian. „Spielt doch mit Eurem Reflux,“ forderte David Hynes auf. Entstanden ist eine Art Old School Whisky.
Rauh und ungestüm, voller kräftiger harscher Aromen. Ein wenig stechend begrüßt der Rauchende die Nase. Eine hohe Phenoldichte erscheint. Die Aschenbecherfraktion unter den Torfrauchliebenden wird der Turf Peak begeistern. Vielschichtig ausbalanciert ist das volle und breite Früchteprofil, das eine Rauchwolke einhüllt. Süß an Honig erinnernd fügen sich Vanille-Eindrücke hinzu. Die Getreide- und Malz-Aromatik macht den Turf Reak gefälliger. Jeder Tropfen generiert neue sensorische Wahrnehmungen. Der rauchige Kilian ist sehr breit aufgestellt. Ein echter Genuss, der lange anhält. Mit der Zugabe von Wasser, was zu empfehlen ist, entfalten sich neue Aroma-Profile. Immer wieder waren Lobeshymnen im Online-Chat zu lesen. Wenige konnten eine der 580 Flaschen des knapp fünfjährigen Malts zum Vorzugspreis von 69,90 Euro für eine 0,5er Flasche ergattern. In wenigen Minuten war der süßfruchtige Malt mit einem brachialen Phenolaroma ausverkauft. Andreas Thümmler war begeistert: „Der ‚ultra heavy Malt‘ war eine kongeniale Idee von den Master Distillern David und Mario.“ Was macht das Ergebnis so einzigartig komplex? Nun, es sind zwei entscheidende Stellschrauben: der nicht standardmäßige Destillationsverlauf und die Reifung in speziellen Fässern.
Am 23. November 2016 destillierte das Team um Mario Rudolf eine Destillat aus einem phenolhaltigen schottischen Malz mit einer Dichte von 55 ppm in einer anderen Weise als sonst üblich. Den Feinbrandverlauf steuerten die Brenner in einer anderen Weise. Sie halbierten den Reflux-Effekt im leicht ansteigenden Lyne Arm, sodass der Abtrieb des Alkoholdampfgemischs nicht allzu sehr in der Feinbrandblase – Spirits Still – sich wieder aufreinigte. „Wir haben ihn weniger aufgereinigt, wir haben ihn harscher, kräftiger gemacht,“ erklärte Rudolf das Procedere. Das Destillat sollte insgesamt charaktervoller und ausdrucksstärker werden. Außerdem setzten die Destillateure den unteren Abtrennpunkt im Übergang vom Mittel- zum Nachlauf etwas tiefer, vielleicht so bei rund 57 % vol. Dadurch fließt in das Destillat weitaus mehr Phenolaromatik und Nachlaufcharakteristik, d.h. unsaubere Elemente und mögliche ölige Fuselnoten. Diese Vorgehensweise machte den Whisky um einiges rauchiger und fetter in Geschmack sowie dichter in den Aromen. In das Fass wanderte der New Make nicht reduziert auf 63,5 % vol, sondern mit der im Mittellauf durchschnittlich erzielten Alkoholkonzentration von „knapp 69 % vol“.
Das Destillat füllte das Kilian Team in sehr viele verschiedene Fasstypen, um zu sehen, wo welche Ergebnisse mit welcher Aromatik entstehen. „Wohlwissend das Virgin Oak Fässer Rauch schlucken…aber sie sind so mega gut,“ wählte Rudolf für das Reife-Experiment ebenso ein nicht vorbelegtes 190 l großes Classic Barrel aus amerikanischer Weißeiche aus, das amerikanische Küfer der ISC Cooperage in Kentucky mit einem Char Level 4 – Crocodile Char – auskohlten. Das andere 190 l‑Virgin Oak AS-Barrel böttcherte eine österreichische Fassbinderei aus europäischer Eiche. Geleert wurden die beiden selektierten Virgin Oaks am 14 . September 2021. Rudolf ist von der „wahnsinnigen Frucht…wir haben ein volles Buquet.. “ begeistert. In einer Fassstärke von 60,2 % vol kam die Whiskymischung schonend gefiltert – jedoch nicht kühlfiltriert – mit der natürlichen Farbe in die markante 0,5 l Kilian-Brennblasenflasche. Er kostete 69,90 Euro. „Take a sip…you swallow it and you don’t talk for two minutes,” war der Rat des erfahrenen Whisky Makers David Hynes.
Fazit
Es ist ein Meisterwerk. Glückwünsch. Es war der Star des Online Tastings. Eine Wiederholung der Master Distillers‘ Selection wäre sehr zu empfehlen. In ebay katapultierten die Preise für eine Flasche Turf Peak bis auf 350,- Euro (Stand 5. Oktober).
Sonstiges
Weitere Whiskys waren ein rauchiger Bud Spencer sowie ein „handfilled“ Ruby Port gereifter 52,9 % Kilian Malt, der am 20. September 2017 durch die Brennblasen dampfte. Im Aromaprofil war der vierjährige weinig, zitrusfrisch, nicht zu ölig. Er präsentierte sich auf der Zunge Chilli-artig und äußerst filligran. Im Nachklang erinnerte er an Marzipan, Mandeln, Nüsse und braunen Zucker. Ausbalanciert wandelt sich der Distillery only durch eine Wasserzugabe in eine leichtere, süßere und harmonischere Wahrnehmung. „Well balanced is the most important word in Whisky,“ erinnerte David Hynes zu recht. Der norddeutsche Whisky-Blogger Peter Moser von den Friends of Single Malt urteilte: „…der ist richtig gelungen.“ Udo Sonntag, Co-Autor der Geschichte des Jim McEwan, schrieb eindeutige Worte: „Für das Alter erstaunlich gut gereift und ausgewogen. Toll.“ Selbstverständlich ist dieser Port-Whisky nur für Besucher der Brennerei dort im Direktverkauf erhältlich.
Der Autor dankt St. Kilian für die kostenfreie Zusendung des Tasting-Sets. Sie nahm keinen Einfluss auf die obige Darstellung und Meinungsbildung.
(* = Affiliate-Link / Bildquelle: Amazon-Partnerprogramm)
von Ernie Ernst J. Scheiner, The Gateway to Distilleries
Über tausend Tasting Sets mit den neuen Signature Editions Eight und Nine verschickte die unterfränkische St. Kilian Brennerei aus Rüdenau an ihre Fan Group. Distillery Manager Mario Rudolf und Brennereigründer Andreas Thümmler präsentierten ein informatives und thematisch abwechslungsreiches Online-Tasting aus dem Still Room. Ihr Special Guest, der Master Distiller und ehemalige Geschäftsführer der Distillery Cooley im Co. Louth sowie heutige Director der Great Northern Distillery in Dundalk, setzte die Pace: David F. Hynes.
Das Trio diskutierte u.a. vier neue Kilian-Produkte
*Nur diese werden besprochen.
Motivation und Perspektive
Der diplomierte Braumeister Mario Rudolf erlernte die Destillation vom erfahrenen David Hynes. Er schulte und begleitete den aus dem nahen Amorbach kommenden Franken und verhalf ihm zu einem Praktikum bei der schottischen Ikone Billy Walker. Der erfahrene Master Distiller Alan McConnochie zeigte ihm die Tricks und Kniffe der schottischen Destillation. Die East Highland Distillery Glendronach ermöglichte dem hochmotivierten Brauer differenzierte Einsichten in die schottische Art der Whisky-Herstellung. Mannigfache Grundlagen des Brennens und Reifens wurden gesetzt. In der St. Kilian Distillery diversifizierte Mario Rudolf konsequent die Methoden des Brauens und der Destillation. Eigenständige Kilian Destillate entwickelten sich.
Bei Kilian wird selbstverständlich nach schottischer Methode gebrannt, d.h. Vorlauf und Nachlauf werden grundsätzlich dem Rohbrand aus der ersten Destillationsstufe beigemischt und somit wieder und wieder in der Feinbrandblase destilliert. Master Distiller Rudolf spricht daher gerne von der „Seele der Kilian Whiskys.“ Es gibt derer allerdings zwei: eine Nichtrauchige und eine Rauchige. Foreshots und Feints werden in getrennten und verplombten Stahlbehältern bereitgehalten. “Der Alkohol wird nicht verworfen.“
Halten wir fest: Europa machte diese intensive grenzüberschreitende Zusammenarbeit möglich. Der direkte Bezug von qualitativ leistungsstarken Fässern innerhalb der EU und aus den USA erlaubt die Herstellung attraktiver Whiskys. Das Europarecht erlaubt den Whisky-Brennern die Verwendung von jedwedem Holz für die Whisky-Reifung – in Schottland darf nur Eichenholz den Whisky prägen. Die grenzüberschreitende EU-weite Kooperation mit Brennereien, nationalen und internationalen Küfereien, Bodegas, Weingütern u.a. gewährt eine individuelle Auswahl der Fassqualitäten.
Bud Spencer schlägt zu
Die vorgesehenen Lagerbestände neigten sich allerdings dem Ende. „Wir waren überwältigt, was letztes Jahr vor Weihnachten abgegangen war,“ erzählt Rudolf, „wahrscheinlich der größte Whisky-Release, den es in Deutschland gegeben hat…wir konnten ihn… längere Zeit nicht mehr bedienen…wie kann man dem Ganzen Herr werden?“ Die Verantwortlichen bei Kilian mussten umdenken. Alte Projektideen wurden aufgegriffen und mündeten in „…eine starke Neuerung…einen international Blend…“ Für Andreas Thümmler war es eine natürliche Folge der bisherigen Zusammenarbeit, „…dass beide Master Distiller einen Whisky zusammen kreieren.“
Die grenzüberschreitende Überraschung
„Das Batch 2 des neuen Bud Spencer Whisky ist ein Crossover der Master Distillers, die quasi Sankt Kilian aufgebaut haben. Ein Blend von Mario und David,“ freute sich sichtlich der aus Rüdenau stammende Andreas Thümmler, „ich bin persönlich sehr begeistert…das ist einfach ein klasse Blend.“ Der Whisky dokumentiere nicht nur die europäische Zusammenarbeit, sondern auch die Freundschaft des Trios. Die Not machte sie erfinderisch. Kreativ lösten sie die Versorgungsprobleme, denn die Kilian-Lagerbestände erlaubten keine Neuauflage der bisherigen Rudolf-Vatting-Rezeptur aus 80 % Bourbon- und 20 % Amarone-Fassgereiften Kilian Whiskys. Ein neues Produkt musste kreiert werden. „Warum nicht die von Mario und David generierten Whiskys zusammenführen?“ dachte sich Thümmler. Pläne wurden formuliert, GND Proben wurden monatelang ausgetauscht. Das Team schuf Neues, das es bisher in dieser Zusammenstellung in der gegenwärtigen deutschen Brennereigeschichte so noch nicht gab.
Das Ergebnis mündete in einen „Ausmischung“ von 18,75 % Amarone-Fass- und anderen Rotweinfassgereiften zweifach gebrannten nichtrauchigen Kilian Malts, die sich mit dreifach in Brennblasen gebrannten 18,75 % GND-Pot Still Whiskey und 62,5 % GND-Single Malt in der St. Kilian Brennerei vermählten. Der GND Pot Still Whiskey ist ein typisch irische historisch gewachsene Destillationsvariante. Grundlage ist eine Mashbill aus einem größeren Teil gemälzter Gerste und einem kleineren Teil unvermälzter sowie etwas Rye und Hafer. Destilliert wurde der Geteidemix in der Harp Brewery in Dundalk. Hynes hatte die ehemaligen Sudbehälter von Forsyth umbauen lassen. In den horizontalen Lyne Arm der Feinbrandblase installierte er eine kühlende Reflux-Spirale und führte das sich dort kondensierende Alkoholdampfgemisch über eine Rohrleitung direkt in den Kessel zurück. „Der Pot Still ist ein sehr prägnantes Produkt,“ meint Hynes.
Mario und David verzichten im neuen Bud Spencer Batch 2.00 gänzlich auf einen GND Grain Whiskey wie das sonst bei irischen oder schottischen Blended Whiskys üblich wäre.
Wie schmeckt der neue Bud Spencer Whisky?
Das „milde“ Batch 2 mündete in 27 000 Flaschen, die mit 46 % vol nicht kühlfiltriert und ohne eine Zuckerkulörfärbung in der „markanten“ Bud Spencer Flasche von Hand in der Brennerei abgefüllt wurden. Der LEH Preis liegt bei moderaten 39,90 Euro / 07 l. Eine rauchige Bud Spencer Variante werde demnächst folgen. Neue Märkte können in Ungarn und Italien erschlossen werden, denn dort ist der Schauspieler Bud Spencer eine beliebte und sehr populäre Größe, im Gegensatz zur Rezeption in Irland.
Cask Management Result
Begeisterung entfachte der aus 100 % deutschem Pilsner Malz von der fränkischen Mälzerei Weyermann hergestellte Signature Nine. Reifen durfte die 55,3 % vol starke neue vollfruchtige Abfüllung in 32 fünfzig Liter kleinen und Quarter Bourbon Casks (62 %, aus 2016, 2017 und 2018) in der zuvor die Garrison Brothers aus Texas ihren preisgekrönten seltenen Whiskey ausbauten. Premier Cru Sauternes Barriques mit 225 Liter Fassungsvermögen (27 %) prägten „den Körper“ seit 2016 und 2017 die andere Charge des St. Kilian Malts. Getoppt wurden die „Aromen der Kopfnote“ mit einem Kilian Whisky, der 2017 in zwei 225 Barriques aus Pfälzer Eiche (12 %) heranreifte. Das Holz wuchs im Forst Johanniskreuz. Geböttchert hatten sie die Küfer von Markus Eder in Bad Dürkheim. 7 500 Flaschen in der kleinen 0,5 l Pot Still Form wurden von fleißigen Händen in der Brennerei in natürlicher Farbe und ohne Kühlfiltration gefüllt (für Sparer gibt es 1 200 Minis). Die Vorliebe von Weinfassreifungen bei St. Kilian wird bei der neuen Variation eindrucksvoll lebendig.
Opulent fruchtig süß steht der „Sigi 9“ im Glas und entfaltet einen gewaltigen Aromastrauß. Die Sauternes Aromen des Süßweins aus Bordeaux dringen prominent in die Nase: fruchtig, süß, würzig. Nicht allzu pfeffrig wirkt die Zunge. Die Würzigkeit ist eher nussig, geriebene Mandeln vermischen sich zu Marzipan wie auch karamellartigen Sahnebonbons. Ein Korb reifer Pfirsiche gesellt sich dazu. Es ist ein wahrer Einschmeichler, den man im Grunde nicht trinken müsste, denn das vielschichtige ausbalancierte Aromaprofil begeistert immer wieder aufs Neue: Riechen, Riechen, Riechen. Die Zugabe von etwas Wasser verändert zu einer breiteren Struktur, sie macht den Kilian interessanter, charaktervoller. Er wird insgesamt fruchtiger und deutlich süßer, fast schokoladiger. Der Nachklang zeigt sich lange anhaltend. Diesen zweifach gebrannten St. Kilian Whisky würdigt Weile, Zeit und eine angenehme Gesellschaft in einer entspannten Atmosphäre. Es ist ein Whisky für Genießende. Meisterhaft, ein harmonisches Schmuckstück für Nase, Zunge und Gaumen.
Komplexität des Fassmanagements
Master Blender Mario Rudolf kann in den Lagerhäusern aus dem Vollen schöpfen. Der rauchige Kilian Signature Eight füllte 8 888 Flaschen mit einer bemerkenswert hohen Alkoholkonzentration von 53,8 % vol. Schottisches Gerstenmalz mit einem Phenolgehalt von 54–56 ppm von den Glenesk Maltings, südlich von Aberdeen gelegen, war die Grundlage für das doppelt gebranntes Destillat.
Rudolfs „Ausmischungsrezeptur“ ist mehr als komplex. Diese Individualität ist in einer schottischen Distillery kaum denkbar, zumal dort nur Eichenholzfässer verwendet werden dürfen, im Gegensatz zu Brennereien in der EU, wo jegliches Holz zur Reifung von Whisky Destillaten möglich ist. Sieben Fassarten kamen beim Vatting des Kilian Signature Eight Edition zur Auswahl:
Master Blender Mario Rudolf blickt auf einen riesigen Fass-Schatz zurück, den es in dieser breit angelegten Diversifikation in keiner Whisky-Brennerei weltweit gibt. Es ist ein ausgesprochenes Alleinstellungsmerkmal von St. Kilian. Bevor die Rudolf-Rezeptur eines neuen Signature zur Auswahl gelangt, begutachtet der Teamplayer seine Vorschläge zusammen mit Head Distiller Zoltan Fodi, Andi Thümmler und weiteren Kolleginnen und Kollegen. Sie diskutieren und finden die richtige „Ausmischung“. Alle wirken sie am Erfolg von Kilian mit.
Ein angenehmer nicht aufdringlicher erdiger Rauch strömt mit fruchtigen Noten in die Nase. „Sie ändern sich ständig,“ meint Rudolf. Der Malt strahlt eine ausgewogene Balance zwischen fein-fruchtigem Rauch, dezenter Vanille und etwas Holz aus. Der Rauchige erscheint auf der Zunge honigsüß. Damit wird der „Sigi 8“ sehr süffig und steht den Islay- Parallelen in nichts nach. „Die pfeffrigen Noten auf der Zunge kommen vom Holz,“ meinte David Hynes. Ein paar Tropfen Wasser helfen den Whisky aromatisch aufzuschnüren: „Mit etwas Wasser kommt er vollmundig durch,“ ergänzt Andreas Thümmler, „er zeigt eine sehr schöne ausgewogene Komplexität.“ Hynes fügt hinzu: „Jedes Mal, wenn man riecht entdecke ich etwas Neues.“ Kilian destilliert derzeit 40 % der Jahresproduktion rauchig. Der Post-Brexit hat den Import von schottischem Rauchmalz etwas problematischer werden lassen, vor allen Dingen was die Zollformalitäten angeht. „Die Versorgung ist allerdings gesichert,“ beruhigt Rudolf die Whisky-Gemeinde. Freunde eines rauchigen Malts werden die achte Kilian-Variation mögen.
Der Phantastische. Turf Peak – Master Distillers‘ Selection
Eine Fassstärke von sage und schreibe 60,2 % vol steht thronend im Glas der Spezialabfüllung. Die Perlenkette signalisierte visuell: Achtung, sehr hohe Alkoholkonzentration, sei vorsichtig mit der Nase! Der Whisky dokumentiert die Variabilität der Destillationsapparatur und Experimentierfreude bei St. Kilian. „Spielt doch mit Eurem Reflux,“ forderte David Hynes auf. Entstanden ist eine Art Old School Whisky.
Rauh und ungestüm, voller kräftiger harscher Aromen. Ein wenig stechend begrüßt der Rauchende die Nase. Eine hohe Phenoldichte erscheint. Die Aschenbecherfraktion unter den Torfrauchliebenden wird der Turf Peak begeistern. Vielschichtig ausbalanciert ist das volle und breite Früchteprofil, das eine Rauchwolke einhüllt. Süß an Honig erinnernd fügen sich Vanille-Eindrücke hinzu. Die Getreide- und Malz-Aromatik macht den Turf Reak gefälliger. Jeder Tropfen generiert neue sensorische Wahrnehmungen. Der rauchige Kilian ist sehr breit aufgestellt. Ein echter Genuss, der lange anhält. Mit der Zugabe von Wasser, was zu empfehlen ist, entfalten sich neue Aroma-Profile. Immer wieder waren Lobeshymnen im Online-Chat zu lesen. Wenige konnten eine der 580 Flaschen des knapp fünfjährigen Malts zum Vorzugspreis von 69,90 Euro für eine 0,5er Flasche ergattern. In wenigen Minuten war der süßfruchtige Malt mit einem brachialen Phenolaroma ausverkauft. Andreas Thümmler war begeistert: „Der ‚ultra heavy Malt‘ war eine kongeniale Idee von den Master Distillern David und Mario.“ Was macht das Ergebnis so einzigartig komplex? Nun, es sind zwei entscheidende Stellschrauben: der nicht standardmäßige Destillationsverlauf und die Reifung in speziellen Fässern.
Am 23. November 2016 destillierte das Team um Mario Rudolf eine Destillat aus einem phenolhaltigen schottischen Malz mit einer Dichte von 55 ppm in einer anderen Weise als sonst üblich. Den Feinbrandverlauf steuerten die Brenner in einer anderen Weise. Sie halbierten den Reflux-Effekt im leicht ansteigenden Lyne Arm, sodass der Abtrieb des Alkoholdampfgemischs nicht allzu sehr in der Feinbrandblase – Spirits Still – sich wieder aufreinigte. „Wir haben ihn weniger aufgereinigt, wir haben ihn harscher, kräftiger gemacht,“ erklärte Rudolf das Procedere. Das Destillat sollte insgesamt charaktervoller und ausdrucksstärker werden. Außerdem setzten die Destillateure den unteren Abtrennpunkt im Übergang vom Mittel- zum Nachlauf etwas tiefer, vielleicht so bei rund 57 % vol. Dadurch fließt in das Destillat weitaus mehr Phenolaromatik und Nachlaufcharakteristik, d.h. unsaubere Elemente und mögliche ölige Fuselnoten. Diese Vorgehensweise machte den Whisky um einiges rauchiger und fetter in Geschmack sowie dichter in den Aromen. In das Fass wanderte der New Make nicht reduziert auf 63,5 % vol, sondern mit der im Mittellauf durchschnittlich erzielten Alkoholkonzentration von „knapp 69 % vol“.
Fazit
Es ist ein Meisterwerk. Glückwünsch. Es war der Star des Online Tastings. Eine Wiederholung der Master Distillers‘ Selection wäre sehr zu empfehlen. In ebay katapultierten die Preise für eine Flasche Turf Peak bis auf 350,- Euro (Stand 5. Oktober).
Sonstiges
Der Autor dankt St. Kilian für die kostenfreie Zusendung des Tasting-Sets. Sie nahm keinen Einfluss auf die obige Darstellung und Meinungsbildung.