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Blended Whisky: Besser als sein Ruf

Wemyss Lord Elcho Premium Blend

Die Fans von Sin­gle Malt Whis­ky rümp­fen ger­ne die Nase, wenn von Blen­ded Whis­ky die Rede ist, geben ihm Namen wie „bil­li­ges Zeugs“ und „Ver­schnitt“, um nur die net­tes­ten zu nen­nen. Aber haben sie auch recht?

Die Geschichte des Blends

Compass Box Great King Street Blend

Anfang des 19. Jahr­hun­derts wur­de die kon­ti­nu­ier­li­che Destil­la­ti­on erfun­den. Bei ihr wird der Whis­ky nicht in klas­si­schen Kup­fer-Brenn­kes­seln (Pot Stills) gebrannt, son­dern durch­läuft zwei Metall­röh­ren, von denen eine beheiz­te für das Sie­den und Ver­damp­fen der Mai­sche sorgt und in der ande­ren das Kon­den­sat wie­der ver­flüs­sigt wird. Im Gegen­satz zu den Pot Stills kann die Mai­sche kon­ti­nu­ier­lich nach­ge­füllt wer­den und die Rück­stän­de müs­sen nicht nach jedem Brenn­vor­gang ent­fernt wer­den. Sinn des Gan­zen ist natür­lich eine schnel­le­re und damit güns­ti­ge­re Her­stel­lung, also nimmt man dazu auch kein gemälz­tes Getrei­de (was ja auch Auf­wand bedeu­tet), son­dern unge­mälz­tes und lässt es auch nur die gesetz­lich vor­ge­schrie­be­ne Zeit von 3 Jah­ren rei­fen, damit es sich über­haupt „Whis­ky“ nen­nen darf. Das Grund­ma­te­ri­al rela­tiv ist dabei rela­tiv egal und daher wird das Getrei­de genom­men, das auf dem Welt­markt am güns­tigs­ten zu haben ist. Meis­tens ist das Mais.

Compass Box Peat Monster

Der Haken dar­an: Das Destil­lat aus kon­ti­nu­ier­li­cher Destil­la­ti­on, genannt „Grain Whis­ky“, ist lan­ge nicht so geschmack­voll wie das aus Pot Stills. Fol­ge­rich­tig kam man Mit­te des 19. Jahr­hun­derts auf die Idee, bei­de Whis­ky-Arten zu ver­mi­schen. Der Blend war gebo­ren (von engl. to blend = dt. mischen). Fast gleich­zei­tig ver­nich­te­te eine Reb­laus­pla­ge die Wein­ern­te in Frank­reich und als Ersatz für Wein und Cognac erin­ner­te man sich in Groß­bri­tan­ni­en an die­ses kräf­ti­ge, ein­hei­mi­sche Getränk aus den fer­nen schot­ti­schen High­lands. Der Sie­ges­zug des Blen­ded Whis­ky begann.

Bis in die Mit­te des 20. Jahr­hun­derts war Sin­gle Malt außer­halb Groß­bri­tan­ni­ens weit­ge­hend unbe­kannt. Das änder­te sich erst, als die Destil­le­rie Glen­fid­dich in den 1960er Jah­ren auf die Idee kam, auch für ihren Sin­gle Malt Wer­bung zu machen. Mit bekannt gro­ßem Erfolg.

Warum hat Blended Whisky also einen schlechten Ruf?

Nikka from the Barrel

Weil sei­ne Beru­fung dar­in besteht, den für den Mas­sen­ge­schmack zu kräf­ti­gen Sin­gle Malt Whis­ky zu ver­dün­nen und ihn wei­cher und natür­lich auch bil­li­ger zu machen. Ist der Anteil des Grain Whis­kys sehr hoch, geht der Geschmack des Sin­gle Malts stark ver­lo­ren und wird von süß­lich-schar­fen Grain Whis­ky über­deckt. Die Kunst besteht also wie so oft in der rich­ti­gen Mischung.

Ein guter Mas­ter Blen­der kom­po­niert einen Blen­ded Whis­ky wie ein Par­fü­meur ein Par­füm. Er nimmt die Ein­zel­aro­men und baut aus ihnen einen neu­en, form­voll­ende­ten Geschmack zusam­men. Wenn er aber einen 15€-Blend für die Super­märk­te zusam­men­mi­schen soll, hilft auch sei­ne bes­te Kunst nichts – der Grain-Anteil wird immer zu hoch sein. Trotz­dem bestehen 80–90% des Whis­ky-Mark­tes aus die­sen güns­ti­gen Blends und ohne sie wür­den wir alle kei­ne Sin­gle Malts trin­ken, weil es die meis­ten Destil­le­rien ohne die Blends schon lan­ge nicht mehr geben würde.

Und was ist nun guter Blended Whisky?

Wemyss Lord Elcho Premium Blend

Es gibt Blen­ded Whis­ky mit hohem Sin­gle Malt-Anteil, der geschmack­lich durch­aus mit Sin­gle Malts mit­hal­ten kann. Lei­der gilt das dann meis­tens auch für den Preis, was aber auch kein Wun­der ist. Die eigent­li­che Idee war schließ­lich die geschmack­li­che Abrun­dung, nicht der güns­ti­ge­re Preis. Es gibt Fir­men, die sich der Wie­der­ent­de­ckung der Kunst des Blen­dens ver­schrie­ben haben, wie z.B. Com­pass Box mit ihrem tol­len Gre­at King Street Blend, dem Spi­ce Tree oder dem Peat Mons­ter (um nur eini­ge zu nen­nen). Es gibt tol­le japa­ni­sche Blends, z.B. den Nik­ka from the Bar­rel, weil die Japa­ner viel weni­ger scheu vor Expe­ri­men­ten haben und kei­ne all­mäch­ti­ge Scotch Whis­ky Asso­cia­ti­on, die ihnen im Nacken sitzt und auf die Tra­di­ti­on achtet.

Und ganz neben­bei heißt „Blend“ ja nicht unbe­dingt, dass immer Grain Whis­ky in der Mischung sein muss. Wenn Blen­ded Malt auf der Fla­sche steht, dann han­delt es sich um eine Mischung ver­schie­de­ner Sin­gle Malts, wie z.B. beim Big Peat, der die wohl güns­tigs­te Gele­gen­heit ist, einen Port Ellen zu trin­ken (auch wenn davon wohl eher wenig in der Mischung ist). Und selbst bei den klas­si­schen Blen­ded Scotch mit Grain-Whis­ky-Anteil gibt es in letz­ter Zeit wie­der ver­stärkt hoch­wer­ti­ge Abfül­lun­gen wie z.B. den Lord Elcho 15 Jah­re von Wemyss mit einem hohen Anteil an Sher­ry-Fäs­sern und selbst Pre­mi­um-Ver­sio­nen bekann­ter Mar­ken wie den Naked Grou­se aus dem Hau­se Famous Grouse.

(* = Affi­lia­te-Link / Bild­quel­le: Amazon-Partnerprogramm)
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Jörg Bechtold beschäftigt sich seit Ende der 90er Jahre mit Single Malt Whisky. Auf mehreren Reisen nach Schottland hat er Land und Leute kennengelernt sowie viele Destillerien besucht. 2002 hatte er die WHISKYFANPAGE.DE begründet, seit 2006 schreibt er dieses Blog und ist außerdem als Referent für Whisky-Tastings tätig.