Es ist soweit. Jim McEwan geht definitiv in Rente. Im Juli 2015 wird er seine Verantwortung für die Islay Distillery Bruichladdich abgeben. Seit 2000 prägte Jim McEwan als Production Director und Master Blender die Geschicke der im Jahr 2000 wieder auferstandenen Brennerei am Loch Indaal. Mit seiner „Cinderella Distillery“ machte der gebürtige Ileach Furore. Seine Whiskies – Bruichladdich Classic, Port Charlotte PC5, Octomore sowie die aromatischen Double Maturations markierten die Renaissance der Islay Whiskies. Mehr als zwanzig verschiedene Whisky-Kreationen begründen seine einmalige und herausragende Erfolgsgeschichte, darunter der am stärksten getorfte Whisky der Welt und der in der ehemaligen Inverleven Lomond Still Ugly Betty gebrannte Botanist Dry Gin.
Zurückblickend stellt Jim McEwan fest: „Es war eine unglaubliche Reise. Doch jetzt ist es ist nur noch ein kleiner Schritt über die Straße zu meinem Haus. Ich möchte mehr Zeit mit meiner Frau und meiner Familie verbringen. Zurück lasse ich ein wirklich großartiges Team mit achtzig Frauen und Männern, die die Brennerei und ihre Produkte weiter entwickeln werden. Ich bin so stolz, das ich meinen Teil dazu beitragen durfte, diese alte Brennerei wieder zum Leben zu erwecken.“
Wer war Jim McEwan?
„Ich nenne ihn James,“ scherzt Eddie MacAffer, wenn der ehemalige Manager und Master Distillery der Bowmore Distillery von seinem Freund und Kollegen Jim McEwan von der ebenfalls am Loch Indaal gelegenen Bruichladdich Distillery spricht. Auf der Hebriden-Insel Islay im Südwesten Schottlands ist der Umgangston zwischen den 3300 Einwohnern sehr freundschaftlich. Jeder kennt jeden, man grüßt sich sogar per Handzeichen beim Autofahren.
„Früher waren in der ältesten Islay-Brennerei Bowmore 30 Personen beschäftigt, heute sind nur noch 15 mit der Herstellung des Whiskys betraut,“ stellt der waschechte Ileach – so heißen die Inselbewohner – Eddie fest. „Wir haben zwar Computer, aber alle Prozesse werden immer noch von Hand gesteuert.“ Eddie war überall, er nimmt seine Verantwortung sehr ernst, prüft die Malzqualität, die Einstellungen der Malzmühle, die Wassertemperatur des Läuterbottichs und die Aromen des 69 % vol. starken New Makes.
Jim wurde nur wenige Tage vor Eddie in der Main Street von Bowmore im Schatten der Brennerei geboren. Der Geruch von Malz, Torfrauch und Alkohol wurde ihm in die Wiege gelegt. Jim und Eddie spielten in den Straßen des 800-Einwohner zählenden Ortes. Ihr „Disney World“ war die Brennerei, sie spielten dort Hide and Seek, versteckten sich zwischen den Fässern, in den Barley Lofts oder im Still House. Auf ihrem Schulweg gingen sie jeden Tag an der Brennerei der Morrisons vorüber. „Als Jungen träumten wir von einem Distillery-Job, dort wollten wir arbeiten,“ erinnert sich Jim. Schon als Zwölfjährige arbeiteten die beiden während der Ferien in der Brennerei, um sich einige Pence zu verdienen. Sie weißten Mauern und Wände, reinigten Lagerhäuser, schaufelten Torf oder markierten das Fülldatum der Whisky-Fässer mit einem Stencil (Schablone). Die Brennerei prägte nachhaltig ihre Kindheit und Jugend.
Tradition
Damals lebten viele Familien vom Whisky. Cooper, Maltman, Mashman, Brewer, Stillman oder Warehouseman waren die typischen Berufe der Männer auf Islay. Die Distilleries sicherten den Menschen von Generation zu Generation das Einkommen. So verbrachten Jims Großvater und Urgroßvater ihr gesamtes Arbeitsleben in der Bowmore Distillery. Eddie und Jim wuchsen beide in sehr bescheidenen Verhältnissen auf. In ihren Familien wurde Gälisch gesprochen. Der Alltag im Ort mit der markanten Rundkirche wurde von der Fischerei, der Landwirtschaft und von den acht Whisky-Brennereien bestimmt. Dennoch gab nicht genügend Arbeitsplätze, „denn Jim und ich sind die einzigen unseres Jahrgangs, die fast ausschließlich auf Islay lebten und arbeiteten, die anderen suchten ihr Glück auf dem schottischen Festland.“ Das Leben auf der abgeschiedenen Insel verlief eher beschaulich. Samstags trafen sich die Jugendlichen zum Tanz in der Village Hall. „Wir jagten nach den wenigen Lassies,“ besinnt sich Jim. „Oft gingen Eddie und ich nach der Disco noch in die Brennerei um den einen oder anderen „wee dram“ – einen Schluck Whisky – zu ergattern.“ Dort spielten sie mit den Mälzern Karten, schnupperten Whisky und lernten dabei nicht nur die Prozesse des Mälzens kennen.
Lehrmeister David Bell
Jim faszinierten seit jeher Fässer, er mochte ihre harmonische Form und den Duft des Eichenholzes. Gerne wollte er Küfer werden. Seine Mutter öffnete dem Sohn die Tür in eine faszinierende Welt, die ihn zu einem der bekanntesten und renommiertesten Gesichter nicht nur Islays sondern Schottlands machen sollte: Cooper, Cellar Master, Blender, Master Distiller, Distillery Manager von Bowmore, Director of Production bei Bruichladdich, Keeper of the Quaich, mehrfacher Distiller of the Year sowie Whisky Innovator of the Year und Industry Leader of the Year sind Stationen einer herausragenden beruflichen Karriere.
Der aufgeweckte Jim hatte zunächst großes Glück. Ein Rechtsanwalt, bei dem seine Mutter den Haushalt bewirtschaftete, ebnete ihm den Weg in eine Küferlehre bei Bowmore. Der Jurist schätzte den Jungen wegen seiner Zielstrebigkeit und seinen klaren beruflichen Vorstellungen. „Es war gar nicht so einfach,“ erklärt Jim, „denn nach den Regeln der Incorporation of Coopers mussten fünf Gesellen die ordentliche Ausbildung gewährleisten, doch bei Bowmore gab es nur drei.“ Ein klärender Brief des Rechtsanwalts an die Küferinnung in Glasgow schuf eine Lex McEwan. Wegen der abgelegenen Insellage und den besonderen örtlichen Umständen erlaubte sie eine Ausbildung auch bei drei Küfern. Mit diesem Brief in den Händen bewarb sich der Fünfzehnjährige bei Bowmores Manager James McColl. Dieser erkannte Jims gute Anlagen und Charaktereigenschaften, hatte er doch bereits dessen große Einsatzfreude und Verlässlichkeit während der Ferienjobs beobachtet. „Am 1. August 1963, es war Eddies Geburtstag, ging ich mit löchrigen Schuhen in die Brennerei und begann meine Ausbildung zum Küfer.“ Der am längsten in Schottland tätige Böttcher David Bell wurde sein Lehrmeister. Mit größter Hochachtung und Ehrfurcht schwärmt Jim noch heute von ihm, „denn er lehrte mich nicht nur die traditionellen Methoden des Fassmachens, die Reifewirkung des Holzes, sondern auch die Werte des Lebens. „He was a very, very special person in my life. “ Bereits als 22-jähriger wurde Jim Cellar Master und durfte die Fässer mit Spirit füllen sowie die Bonded Warehouses überwachen.
Im Ruhestand plant Eddie MacAffer mit seiner aus Glasgow stammenden Frau und dem Hund Tipsy nach Johnston bei Glasgow umzusiedeln, weil dort die Auswahl an Golfplätzen größer sei als auf Islay. Jim bleibt hingegen auf der Insel zurück: „It has been a journey of 50 years for me and like all journeys it has had its ups and downs but you learn from the experiences and become the better man for them.“
Nach einem mehr als fünfzigjährigen engagierten Whisky-Leben, das ihn in aller Welt zu einer berühmten, geschätzten und sehr beliebten Persönlichkeit machte, kümmert er sich jetzt schlichtweg um seine Frau und die Enkel.
Text und Fotos Copyright Ernst J. Scheiner 2015, The Gateway to Distilleries.
Aktualisierte Fassung des in der Winterausgabe von 2013 im The Highland Herold 2013 erschienenen Artikels The New Lord of the Isles, S. 24 ‑26.
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Es ist soweit. Jim McEwan geht definitiv in Rente. Im Juli 2015 wird er seine Verantwortung für die Islay Distillery Bruichladdich abgeben. Seit 2000 prägte Jim McEwan als Production Director und Master Blender die Geschicke der im Jahr 2000 wieder auferstandenen Brennerei am Loch Indaal. Mit seiner „Cinderella Distillery“ machte der gebürtige Ileach Furore. Seine Whiskies – Bruichladdich Classic, Port Charlotte PC5, Octomore sowie die aromatischen Double Maturations markierten die Renaissance der Islay Whiskies. Mehr als zwanzig verschiedene Whisky-Kreationen begründen seine einmalige und herausragende Erfolgsgeschichte, darunter der am stärksten getorfte Whisky der Welt und der in der ehemaligen Inverleven Lomond Still Ugly Betty gebrannte Botanist Dry Gin.
Wer war Jim McEwan?
„Ich nenne ihn James,“ scherzt Eddie MacAffer, wenn der ehemalige Manager und Master Distillery der Bowmore Distillery von seinem Freund und Kollegen Jim McEwan von der ebenfalls am Loch Indaal gelegenen Bruichladdich Distillery spricht. Auf der Hebriden-Insel Islay im Südwesten Schottlands ist der Umgangston zwischen den 3300 Einwohnern sehr freundschaftlich. Jeder kennt jeden, man grüßt sich sogar per Handzeichen beim Autofahren.
„Früher waren in der ältesten Islay-Brennerei Bowmore 30 Personen beschäftigt, heute sind nur noch 15 mit der Herstellung des Whiskys betraut,“ stellt der waschechte Ileach – so heißen die Inselbewohner – Eddie fest. „Wir haben zwar Computer, aber alle Prozesse werden immer noch von Hand gesteuert.“ Eddie war überall, er nimmt seine Verantwortung sehr ernst, prüft die Malzqualität, die Einstellungen der Malzmühle, die Wassertemperatur des Läuterbottichs und die Aromen des 69 % vol. starken New Makes.
Jim wurde nur wenige Tage vor Eddie in der Main Street von Bowmore im Schatten der Brennerei geboren. Der Geruch von Malz, Torfrauch und Alkohol wurde ihm in die Wiege gelegt. Jim und Eddie spielten in den Straßen des 800-Einwohner zählenden Ortes. Ihr „Disney World“ war die Brennerei, sie spielten dort Hide and Seek, versteckten sich zwischen den Fässern, in den Barley Lofts oder im Still House. Auf ihrem Schulweg gingen sie jeden Tag an der Brennerei der Morrisons vorüber. „Als Jungen träumten wir von einem Distillery-Job, dort wollten wir arbeiten,“ erinnert sich Jim. Schon als Zwölfjährige arbeiteten die beiden während der Ferien in der Brennerei, um sich einige Pence zu verdienen. Sie weißten Mauern und Wände, reinigten Lagerhäuser, schaufelten Torf oder markierten das Fülldatum der Whisky-Fässer mit einem Stencil (Schablone). Die Brennerei prägte nachhaltig ihre Kindheit und Jugend.
Tradition
Damals lebten viele Familien vom Whisky. Cooper, Maltman, Mashman, Brewer, Stillman oder Warehouseman waren die typischen Berufe der Männer auf Islay. Die Distilleries sicherten den Menschen von Generation zu Generation das Einkommen. So verbrachten Jims Großvater und Urgroßvater ihr gesamtes Arbeitsleben in der Bowmore Distillery. Eddie und Jim wuchsen beide in sehr bescheidenen Verhältnissen auf. In ihren Familien wurde Gälisch gesprochen. Der Alltag im Ort mit der markanten Rundkirche wurde von der Fischerei, der Landwirtschaft und von den acht Whisky-Brennereien bestimmt. Dennoch gab nicht genügend Arbeitsplätze, „denn Jim und ich sind die einzigen unseres Jahrgangs, die fast ausschließlich auf Islay lebten und arbeiteten, die anderen suchten ihr Glück auf dem schottischen Festland.“ Das Leben auf der abgeschiedenen Insel verlief eher beschaulich. Samstags trafen sich die Jugendlichen zum Tanz in der Village Hall. „Wir jagten nach den wenigen Lassies,“ besinnt sich Jim. „Oft gingen Eddie und ich nach der Disco noch in die Brennerei um den einen oder anderen „wee dram“ – einen Schluck Whisky – zu ergattern.“ Dort spielten sie mit den Mälzern Karten, schnupperten Whisky und lernten dabei nicht nur die Prozesse des Mälzens kennen.
Lehrmeister David Bell
Jim faszinierten seit jeher Fässer, er mochte ihre harmonische Form und den Duft des Eichenholzes. Gerne wollte er Küfer werden. Seine Mutter öffnete dem Sohn die Tür in eine faszinierende Welt, die ihn zu einem der bekanntesten und renommiertesten Gesichter nicht nur Islays sondern Schottlands machen sollte: Cooper, Cellar Master, Blender, Master Distiller, Distillery Manager von Bowmore, Director of Production bei Bruichladdich, Keeper of the Quaich, mehrfacher Distiller of the Year sowie Whisky Innovator of the Year und Industry Leader of the Year sind Stationen einer herausragenden beruflichen Karriere.
Der aufgeweckte Jim hatte zunächst großes Glück. Ein Rechtsanwalt, bei dem seine Mutter den Haushalt bewirtschaftete, ebnete ihm den Weg in eine Küferlehre bei Bowmore. Der Jurist schätzte den Jungen wegen seiner Zielstrebigkeit und seinen klaren beruflichen Vorstellungen. „Es war gar nicht so einfach,“ erklärt Jim, „denn nach den Regeln der Incorporation of Coopers mussten fünf Gesellen die ordentliche Ausbildung gewährleisten, doch bei Bowmore gab es nur drei.“ Ein klärender Brief des Rechtsanwalts an die Küferinnung in Glasgow schuf eine Lex McEwan. Wegen der abgelegenen Insellage und den besonderen örtlichen Umständen erlaubte sie eine Ausbildung auch bei drei Küfern. Mit diesem Brief in den Händen bewarb sich der Fünfzehnjährige bei Bowmores Manager James McColl. Dieser erkannte Jims gute Anlagen und Charaktereigenschaften, hatte er doch bereits dessen große Einsatzfreude und Verlässlichkeit während der Ferienjobs beobachtet. „Am 1. August 1963, es war Eddies Geburtstag, ging ich mit löchrigen Schuhen in die Brennerei und begann meine Ausbildung zum Küfer.“ Der am längsten in Schottland tätige Böttcher David Bell wurde sein Lehrmeister. Mit größter Hochachtung und Ehrfurcht schwärmt Jim noch heute von ihm, „denn er lehrte mich nicht nur die traditionellen Methoden des Fassmachens, die Reifewirkung des Holzes, sondern auch die Werte des Lebens. „He was a very, very special person in my life. “ Bereits als 22-jähriger wurde Jim Cellar Master und durfte die Fässer mit Spirit füllen sowie die Bonded Warehouses überwachen.
Im Ruhestand plant Eddie MacAffer mit seiner aus Glasgow stammenden Frau und dem Hund Tipsy nach Johnston bei Glasgow umzusiedeln, weil dort die Auswahl an Golfplätzen größer sei als auf Islay. Jim bleibt hingegen auf der Insel zurück: „It has been a journey of 50 years for me and like all journeys it has had its ups and downs but you learn from the experiences and become the better man for them.“
Nach einem mehr als fünfzigjährigen engagierten Whisky-Leben, das ihn in aller Welt zu einer berühmten, geschätzten und sehr beliebten Persönlichkeit machte, kümmert er sich jetzt schlichtweg um seine Frau und die Enkel.
Text und Fotos Copyright Ernst J. Scheiner 2015, The Gateway to Distilleries.
Aktualisierte Fassung des in der Winterausgabe von 2013 im The Highland Herold 2013 erschienenen Artikels The New Lord of the Isles, S. 24 ‑26.
Service
Einen ausführlichen virtuellen Besuch der Bruichladdich Distillery ermöglicht The Gateway to Distilleries.