Notes Wissen

Das Quartett ist voll – St. Kilian wird schottisch

St. Kilian Signature Edition Four (c) The Gateway to Distilleries

Von Ernie – Ernst J. Scheiner

St. Kilian Destillerie (c) The Gateway to Distilleries

Wie­der über­rascht das Team der unter­frän­ki­schen St. Kili­an Distil­lery mit einem neu­en Sin­gle Malt die Whis­ky-Welt. Wäh­rend der Han­se Spi­rit in Ham­burg wur­de ein rau­chi­ges Werk der Kili­an Distil­lers vor­ge­stellt. Die Peat-Frak­ti­on unter den Whis­ky-Nerds freut sich.

„Unse­re vier­te Aus­ga­be der Signa­tu­re Edi­ti­on ist eine ech­te Ver­nei­gung vor den klas­si­schen Pea­ted Whis­kys,“ erklärt Kili­ans Mas­ter Blen­der und Mas­ter Mind Mario Rudolf selbstbewusst.

„Unser Four sprüht nur so vor Kraft und Wür­ze! Mit sei­nem prä­gnan­ten Torf­rauch braucht er sich vor typi­schen Islay-Whis­kys nicht zu verstecken.“

Experimentierfreude

St. Kilian Brennblase (c) The Gateway to Distilleries

St. Kili­an, das ist Whis­ky-Viel­falt vom Main: mehr als 179 ver­schie­de­ne Vor­be­le­gun­gen in Fäs­sern zählt das expe­ri­men­tier­freu­di­ge Team in Rüden­au (Stand Janu­ar). Seit 2016 destil­lie­ren zwei jeweils 6 000 Liter gro­ßen schot­ti­sche Pot Stills Destil­la­te aus frän­ki­schem und schot­ti­schem Gers­ten­malz, die in breit­ge­fä­cher­ten Fass­kul­tu­ren zu Whis­kys her­an­rei­fen. Ein gro­ßes Port­fo­lio wird die Begut­ach­tungs­kom­pe­tenz der Whis­ky Con­nais­seu­re in den kom­men­den Jah­ren her­aus­for­dern. Die bis­her ver­öf­fent­lich­ten Signa­tu­re Edi­tio­nen zeig­ten ein beträcht­li­ches Reifepotentional.

Geschäfts­füh­rer und Mas­ter Distil­ler Mario Rudolf kann auf kei­ne Tra­di­ti­on zurück­bli­cken, daher lau­tet sein Cre­do expe­ri­men­tie­ren und prü­fen, in wel­chen Fass­ty­pen und vor­be­leg­ten Fäs­sern die Kili­an Spi­rits sich bes­tens ent­fal­ten. Das ist ein span­nen­der Ansatz, der einen guten finan­zi­el­len Hin­ter­grund voraussetzt.

Grün­der und Inves­tor Andre­as Thümm­ler schafft dazu die not­wen­di­gen Frei­räu­me. Ein brei­ter Fass-Fun­dus eröff­net Rudolf eine krea­ti­ve, aro­ma­tisch abwechs­lungs­rei­che Gestal­tung der Whis­kys. Von Ama­ro­ne, Tokay­er, Mos­ka­tel, Äppel­woi, Ver­mouth, Tequi­la bis hin zu den tra­di­tio­nel­len Bour­bon Bar­rels tum­melt sich in den Lager­häu­sern eine Fass­viel­falt, die ihres­glei­chen unter den deut­schen, aber auch inter­na­tio­na­len Bren­ne­rei­en sucht.

Die EU-Bestim­mun­gen zur Whis­ky-Her­stel­lung erlau­ben ihm neben Fäs­sern aus Eichen­holz, Gebin­de aus Kas­ta­nie, Maul­bee­re oder sogar Els­bee­re u.a. ein­zu­set­zen. Rund 80 % des Fass­be­stands kommt jedoch aus den U.S.A., vor­wie­gend von der Ten­nes­see Distil­lery Jack Dani­el. Gegen­über den schot­ti­schen Kol­le­gen schafft die Fass­holz-Viel­falt bei Kili­an einen Vor­teil bei der Schöp­fung neu­er Whis­ky-Varia­tio­nen, denn die Scot­tish Whis­ky Regu­la­ti­ons von 2009 schrei­ben ihnen aus­schließ­li­chen den Ein­satz von Eichen­höl­zern vor.

2019 spru­del­ten rund 200 000 Liter nicht-rau­chi­ge und fast 50 % rau­chi­ge Gers­ten-Destil­la­te durch den schot­ti­schen Spi­rit and Sam­ple Safe der Kili­an Bren­ne­rei. Anfangs 2016 wur­den ledig­lich 15 bis 20 % Rauch­malz verarbeitet.

Der in Mil­ten­berg gebo­re­ne Andre­as Thümm­ler gesteht: „Wir fol­gen den Anre­gun­gen der Whisky-Community.“

Das Team (c) The Gateway to Distilleries

Head Distil­ler Zol­tán Fódi, Rudolfs rech­te Hand, und sei­ne Kol­le­gen arbei­ten in einer moder­nen sta­te of the art distil­lery hoch moti­viert an ihrem Whis­ky-Pro­fil und gene­rie­ren stets neue Über­ra­schun­gen. Im Besu­cher­zen­trum kön­nen sich Whis­ky-Inter­es­sier­te Fass-Whis­ky-Varia­tio­nen indi­vi­du­ell als Hand-Fill-Bot­t­lings aus­su­chen. Mitt­ler­wei­le bren­nen die Kili­an Destil­la­teu­re das nicht­rau­chi­ge frän­ki­sche Malz eher in der käl­te­ren Jah­res­zeit, weil sie die Destil­la­te wegen der nied­ri­ge­ren Tem­pe­ra­tu­ren fei­ner abstim­men. Im Som­mer frak­tio­nie­ren sie dage­gen ein rau­chi­ges Malz, weil die Destil­la­ti­on ins­ge­samt etwas gro­ber ver­läuft und die Abtrenn­punk­te am Ende des Mit­tel­laufs bis in den Nach­lauf rei­chen kön­nen, um so den new make etwas robus­ter, gro­ber zum Machen.

Neue Fasslager im Odenwald

Natür­lich for­dert die hohe Pro­duk­ti­ons­ka­pa­zi­tät neue Lager­flä­chen. Die Räu­me in der ehe­ma­li­gen Tex­til­fa­brik, wo statt Näh­ma­schi­nen kup­fer­ne Brenn­bla­sen wir­ken, sind größ­ten­teils mit der Pro­duk­ti­on und klei­nen Lager­räu­men voll belegt. Dort ist Rei­fe­raum für Whis­kys beschränkt. Ende des drit­ten Pro­duk­ti­ons­jahrs wur­de eine Lager­erwei­te­rung not­wen­dig, denn Brenn­erei­grün­der Andre­as Thümm­ler betont vor­aus­schau­end: „Sankt Kili­an soll ein­mal ein glo­bal brand werden.“

St. Kilian Fässer (c) The Gateway to Distilleries

Auf ihrer Suche nach Lager­mög­lich­kei­ten hat­te das kon­ge­nia­le Duo Thümm­ler und Rudolf Glück. Idea­le Rei­fe­be­din­gun­gen eröff­nen laut Thümm­ler die kos­ten­güns­ti­gen Bun­ker eines ehe­ma­li­gen 78 ha gro­ßen NATO-Muni­ti­ons­de­pots, das die U.S. Army wäh­rend des Kal­ten Kriegs für ihre Belan­ge nutz­te. Das weit­läu­fi­ge Are­al liegt nur sechs Kilo­me­ter Luft­li­nie von der Bren­ne­rei in den Hügeln des Oden­walds. Die neue Namens­ge­bung Saint Kili­an Bun­ker City deu­tet auf eine ambi­tio­nier­te inter­na­tio­na­le Ent­wick­lung hin. In einem der rund fünf­hun­dert Meter hoch gele­ge­nen 120 teil­wei­se bewal­de­ten Erd­be­ton­bun­ker mit einem Durch­lüf­tungs­sys­tem ver­wan­delt sich zukünf­tig ein beträcht­li­cher Teil der Kili­an-Spi­rits zu Whiskys.

Mario Rudolf (c) The Gateway to Distilleries

Die kli­ma­ti­schen Bedin­gun­gen sind fast so, wie die­se in tra­di­tio­nel­len schot­ti­schen Dun­na­ge Warehou­ses üblich sind. Nur drei Lagen über­ein­an­der sta­peln sich die Fäs­ser. Das sind für sie nahe­zu iden­ti­sche Rei­fe­be­din­gun­gen im feuch­ten Mikro­kli­ma der Whis­ky-Bun­ker. Der­zeit lie­gen dort 4000 Fäs­ser (Stand Janu­ar 2020), wöchent­lich wer­den es rund acht­zig mehr. Die Lager­ka­pa­zi­tät in sie­ben Kili­an Bun­kern erreicht 50 – 60 000 Fäs­sern ab einer Grö­ße von 190 Litern. Thümm­ler: „Wir möch­ten die­se im Zeit­ver­lauf auch aus­schöp­fen.“ Für Rudolf ist der rund fünf­hun­dert Meter über dem Mee­res­spie­gel lie­gen­de Rei­fe­ort mit win­ter­li­chen Nebeln ideal:

„Platz gibt es genü­gend. Dort schät­ze ich die gleich­blei­ben­den Tem­pe­ra­tu­ren. Wir haben nicht die extre­me Hit­ze, aber auch nicht die extre­me Käl­te drin­nen … und sau­be­re Wald­luft … für uns ist das ein Glücksgriff.“

Aber rauchig sollte er sein…

Sorg­fäl­tig sucht der inno­va­ti­ve Diplom-Brau­meis­ter und gelern­te Mäl­zer Rudolf – er stammt aus dem nahen Amor­bach – die bes­ten Fäs­ser aus, um die Kili­an Signa­tu­re Edi­ti­on exem­pla­risch weiterzuentwickeln:

„Mit jedem Whis­ky unse­rer Signa­tu­re Edi­ti­on wol­len wir unse­ren Fans eine neue Facet­te von Sankt Kili­an zeigen.“

Die limi­tier­ten Edi­tio­nen geben ihnen einen Ein­blick in die aro­ma­ti­sche Band­brei­te der Destil­la­ti­ons­viel­falt und Rei­fe­ent­wick­lung der mitt­ler­wei­le größ­ten deut­schen Whisky-Destillerie.

St. Kilian Signature Edition Four (c) The Gateway to Distilleries

Sankt Kili­an Edi­ti­on Four über­rascht in der Königs­dis­zi­plin mit würzigen und rau­chi­gen Aro­men, die einen viel­ver­spre­chen­den Span­nungs­bo­gen mit Sher­ry-typi­schen Anmu­tun­gen ent­fal­ten. Mit der kräf­tig rau­chi­gen Release lie­gen die Unter­fran­ken voll im aktu­el­len Genus­s­trend der Whis­ky-Welt. Ins­ge­samt 10 700 gro­ße Pot Still sti­li­sie­ren­den Fla­schen – 0,5 l – mit einer Trink­stär­ke von 48 % vol kom­men in die Rega­le des Einzelhandels.

Erwar­tungs­voll freut sich Rudolf, ein viel­schich­ti­ges Destil­la­ti­ons- und Rei­fe­er­geb­nis zu präsentieren:

„… spa­ni­sches Tem­pe­ra­ment trifft auf schot­ti­sche Whis­ky-Tra­di­ti­on … unser Four sprüht nur so vor Kraft und Würze. Mit sei­nem prä­gnan­ten Torf­rauch braucht er sich vor typi­schen Islay-Whis­kys nicht ver­ste­cken. Die beson­de­re Ver­bin­dung von mar­kan­tem Rauch und fruch­ti­gen Sherry-Tönen bringt eine tem­pe­ra­ment­vol­le, sehr rei­fe Aro­ma­tik ins Glas.“

Die vom dyna­misch-krea­tiv agie­ren­den Rudolf für das Vat­ting Kili­an Edi­ti­on Four aus­ge­such­ten Whis­kys sind jung, gera­de drei Jah­re alt. Das rau­chi­ge Destil­lat mit einer durch­schnitt­li­chen Alko­hol­kon­zen­tra­ti­on von 69 % vol brann­te das Kili­an-Team vor Weih­nach­ten 2016. Geschickt steu­er­ten sie die Vorlauf‑, Mit­tel­lauf- und Nach­lauf­ab­tren­nung um einer­seits fruch­ti­ge Noten, aber auch eine gewis­se Robust­heit des Destil­lats zu erhal­ten. Mit ört­li­chem Was­ser stell­ten sie die Fass­füll­stär­ke auf 63,5 % vol wie in Schott­land ein.

St. Kilian Fassdeckel (c) The Gateway to Distilleries

Der Rau­chi­ge reif­te fort­an in der Bren­ne­rei bis zur Lee­rung aus­schließ­lich in Sher­ry-Fäs­sern, in zer­ti­fi­zier­ten Ton­eles de Jerez. Die ver­wen­de­ten 250 Liter gro­ßen Hogs­heads kamen aus ver­schie­de­nen Bode­gas des magi­schen Drei­ecks von San­lú­car de Bar­ra­me­da, Puer­to de San­ta Maria und Jerez de la Fron­te­ra. Sie ver­lei­hen der Signa­tu­re Edi­ti­on Four nicht nur einen inten­siv fruchtig-würzigen Aus­druck, son­dern eine dunk­le Bern­stein­far­be mit Rostreflexen.

St. Kilian Fasslager (c) The Gateway to Distilleries

Sher­ry-Aro­men sind kei­nes­falls gleich Sher­ry-Aro­men: Rei­fen durf­ten die Sin­gle Malts jeweils zur Hälfte in ehe­ma­li­gen Olo­ro­so-Bar­ri­les – 49 % – und Pedro-Ximénez-Barriles – 51 % – in denen Bode­gas ihre Sher­ry-Wei­ne aus­bau­ten. Während ein tro­cke­ner Olo­ro­so-Sher­ry aus wei­ßen Palo­mi­no-Trau­ben ins­be­son­de­re nussig-würzige Aro­men an das Kili­an-Destil­lat abgibt, ver­leiht der außer­ge­wöhn­lich hohe Zucker­ge­halt (300 bis 450 g Zucker/kg) eines Sher­rys aus den eben­falls wei­ßen Pedro Ximénez-Trauben kräf­ti­ge Noten von Rosi­nen, Fei­gen, rei­fen Pflau­men und „kan­dier­ten Trockenfrüchten“. Ein viel­fäl­ti­ges Bou­quet von Gewür­zen beglei­tet die wei­te­ren Wahrnehmungen.

Bei­de Akteu­re form­ten auf magi­sche Wei­se im Whis­ky eine abwechs­lungs­rei­che und viel­schich­tig-struk­tu­rier­te Aro­men­pa­let­te, die Nase und Gau­men bezau­bern – genuss­vol­les Gou­tie­ren in einem Ver­kos­tungs­glas vor­aus­ge­setzt. Die PX-Fäs­ser ver­än­dern dar­über hin­aus die jun­gen Destil­la­te, sie wer­den dar­in geschmei­dig und ölig.

Da die Kili­an-Destil­la­teu­re den Gers­ten-Spi­rit sehr lang­sam mit Hil­fe eines Dephleg­ma­tors im lyne arm der Fein­brand­bla­se brann­ten, erhiel­ten sie bei einer küh­len­den Reflux-Wir­kung auf das Alko­hol-Dampf­ge­misch einen new make mit einer Beson­der­heit. Die­ser reift schnel­ler als ande­re in Pot Stills tra­di­tio­nell frak­tio­nier­te Spi­rits in Fäs­sern zu einem wei­chen Whis­ky heran.

„Der reflux con­den­ser im lyne arm hat einen wesent­li­chen Ein­fluss auf den Cha­rak­ter des Destil­lats. Wir erhö­hen damit den Rück­fluss und die Auf­rei­ni­gung, er wird mul­ti­ple distil­led, mild und sanft. Der new make ist ide­al für eine kur­ze Lagerung,“

David Hynes (c) The Gateway to Distilleries

bemerkt Rudolf und ver­weist auf eine Tech­no­lo­gie, die der Ire David Hynes für Kili­an ent­wi­ckel­te und bei Coo­ley in River­stown bereits wir­kungs­voll ein­setz­te. Im Gegen­satz zu deut­schen Bren­ne­rei-Gepflo­gen­hei­ten wird bei Kili­an der Vor- und Nach­lauf den low wines bei­gefügt und wie­der­holt in der Fein­brand­bla­se destil­liert. Damit geht nichts an Aro­men ver­lo­ren. Deut­sche Bren­ner ver­mei­den in der Regel eine Rede­stil­la­ti­on des Vor- und Nach­laufs. Bei­de wer­den ent­sorgt. Daher zei­gen die Kili­an-Destil­la­te mehr Kör­per und ein brei­te­res Pot­pour­ri an Aro­men sowie Geschmack.

Fas­zi­nie­rend für Nase und Zun­ge sind gut ein­ge­bun­de­ne Torf­rauch­no­ten, die einen ein­drucks­vol­len und kom­ple­xen Sin­gle Malt prä­gen. Fruch­ti­ge Sher­ry-Töne paa­ren sich har­mo­nisch mit ange­neh­men Torf­rauch. Bereits der farb­lich hel­le­re Vor­läu­fer Kili­an Edi­ti­on Three mit sei­nem Bour­bon-beton­ten Aro­ma-Pro­fil umschmei­chel­te Nase und Gau­men mit dezen­ten und gefäl­li­gen Rauch­aro­men. Zusam­men mit fruch­ti­gen Aro­men von Apfel, Bir­ne und Apri­ko­se sowie einer Süße schu­fen sie ein wohl­schme­cken­des Arran­ge­ment, das vie­le Whis­ky-Freun­de begeisterte.

In Tastings stach sei­ne fruch­ti­ge Fri­sche und Bril­lanz her­vor. Inter­na­tio­na­le Ver­glei­che mit jun­gen und älte­ren Whis­kys vom glei­chen Typus brauch­te der Kili­an Three nicht zu scheu­en. Wäh­rend eines par­al­lel ver­glei­chen­den Blind Tastings mit acht Whis­kys von zwei pro­mi­nen­ten Sou­thern Islay Distil­le­ries setz­ten die anwe­sen­den Con­nais­seu­re den Kili­an Signa­tu­re Edi­ti­on Three auf die vor­de­ren Plät­ze. Eine ver­glei­chen­de Wie­der­ho­lung wird empfohlen.

Torfrauch ist nicht gleich Torfrauch

St. Kilian Torf (c) The Gateway to Distilleries

Sehr spe­zi­ell war wie­der­um die Ver­ar­bei­tung eines mit Torf aus der Regi­on Peter­head gerauch­ten Gers­ten­mal­zes mit einem Phe­nol­ge­halt von 54 ppm, das voll­be­la­de­ne Trucks von den süd­lich von Aber­deen gele­ge­nen Gle­nesk Mal­tings nach Rüden­au brach­ten. Für den ers­ten rau­chi­gen Kili­an Signa­tu­re Three war es den­noch für Rudolf wich­tig, die opti­ma­le Rauch­dich­te im Malz zu fin­den, daher folg­te das Team dem Bei­spiel schot­ti­scher Kol­le­gen und misch­te unge­torf­tes und getorf­tes schot­ti­sches Gers­ten­malz mit­ein­an­der, um so eine wün­schens­wer­te Rauch­cha­rak­te­ris­tik zu erlangen.

Prä­gend für den har­mo­ni­schen Rauch­cha­rak­ter des Sin­gle Malts war Rudolfs 38ppm phe­nol­hal­ti­ger Cock­tail, den er aus hel­lem frän­ki­schem nicht-getorf­ten Pils­ner-Malz und einem 54ppm opu­len­ten Rauch­malz aus schot­ti­scher Gers­te misch­te. Dort, wo ehe­dem die Gle­nesk Distil­lery ihre Whis­kys brann­ten – sie wur­de 1996 voll­stän­dig abge­ris­sen – wird nach wie vor seit 1968 in Boby Drums ein Gers­ten-Malz im gro­ßen Stil pro­du­ziert. Die Mäl­ze­rei, die bis 2010 zu iri­schen Green­co­re Grup­pe zähl­te, wird nun­mehr unter dem Namen Pauls Malt Ltd. Gle­nesk vom welt­größ­ten Malz­her­stel­ler­kon­zern Boort­malt geführt. Die Kon­fek­ti­on „The Thirsty Thist­le Hea­vy Pea­ted Distil­ling Mal­ted Bar­ley“ wur­de mit Torf von nahen ört­li­chen Peat Bogs für Bren­ne­rei­en auf­be­rei­tet. Braue­rei­en brau­en dar­aus Bier­sti­le wie Por­ter, Stout oder Ale.

Für Brau­meis­ter Rudolf war die Ver­ar­bei­tung des Mal­zes, das er von der Nürn­ber­ger Brau­Be­via­le kann­te, spannend:

„Das rei­ne Rauch­malz mit einem Phe­nol­ge­halt von 54 ppm kam aus Schott­land. Den bis­her rau­chigs­ten Sin­gle Malt Whis­ky aus Rüdenau prägen so war­me, kräftige Lager­feu­er-Noten, die vom fruch­tig-rei­fen Sher­ry har­mo­nisch ein­ge­bet­tet wer­den. Ein Alko­hol­ge­halt von 48 % vol. ver­stärkt das Aro­men­spiel und sorgt für einen unverfälschten, cha­rak­ter­star­ken Whiskygenuss.“

Span­nend ist dabei die magi­sche Wand­lung des kla­ren Destil­lats in den Sher­ry-Fäs­sern. Der geschmack­lich-aro­ma­ti­sche Unter­schied des von Bour­bon-Fäs­sern gepräg­ten Kili­an Three wird nicht nur durch eine ande­re farb­li­che dunk­le­re Erschei­nung doku­men­tiert, son­dern eben­falls durch ein Füll­horn vol­ler rei­fer dunk­ler Früch­te gepaart mit einem Arran­ge­ment von exo­ti­schen Gewür­zen. Zimt, Vanil­le, Tabak und Leder fügen sich har­mo­nisch in eine Wür­zig­keit, die über­lei­tet in den nach­hal­len­den Ein­druck von dunk­ler Scho­ko­la­de. Kräf­ti­ge Süße, etwa wie Demer­a­ra-Zucker oder wei­ches Tof­fee, und die ein­set­zen­de ing­wer­ar­ti­ge Wür­ze – kei­ne Schär­fe ! – machen den Kili­an span­nend und vielgestaltig.

St. Kilian Fass (c) The Gateway to Distilleries

Die Ver­mäh­lung von Süße mit Rauch ist ein oft zitier­tes Para­do­xon, das ger­ne in Whis­kys aus dem Süden Islays – Lag­avu­lin und Ard­beg – erscheint. Erstaun­lich sind nach wie vor die auf­kom­men­den typi­schen Kili­an-Bren­ne­rei-Noten, wel­che rei­fe Äpfel, hel­le Bir­nen und Apri­ko­sen sug­ge­rie­ren, trotz der Rauch­no­ten einer Räu­cher­kam­mer. Sie wer­den zwar von den Sher­ry-Fäs­sern etwas in den Hin­ter­grund gerückt, blei­ben jedoch als sen­so­ri­scher Ein­druck wahr­nehm­bar – ein Phä­no­men, das sich bei einer län­ge­ren Voll­rei­fe­zeit im Pedro Ximé­nez Hogs­head womög­lich merk­lich ver­min­dert. Im lee­ren Glas ste­hen Ein­drü­cke von Tro­cken­gras und Mine­ra­li­tät lan­ge neben wür­zi­gem Rauch.

Der neue Kili­an Four fas­zi­niert und mani­fes­tiert ein­drucks­voll was deut­sche Destil­la­ti­ons­kunst und geschick­tes Fass-Manage­ment bewir­ken. Aus­schlag­ge­bend für die aro­ma­ti­sche Qua­li­tät sind das hoch­wer­ti­ge schot­ti­sche Rauch­malz, das opti­ma­le Läu­tern, der Ein­satz einer frucht­för­dern­den Hefe, eine lan­ge tem­pe­ra­tur­kon­trol­lier­te Ver­gä­rung der Wür­ze in Holz­bot­ti­chen sowie die scho­nen­de lang­sa­me zwei­fa­che reflux-gesteu­er­te Destil­la­ti­on in den schot­ti­schen zwie­bel­för­mi­gen Brennblasen.

Destillation wirkt auf Torfrauch

Selbst­ver­ständ­lich wur­de der „Sigi Four“ – so die inter­ne Arbeits­be­zeich­nung – nicht kühl­fil­triert und nicht künst­lich mit Zucker­ku­lör E150a farb­lich ver­än­dert. Der Erhalt der Aro­men ist Rudolf grund­sätz­lich wich­ti­ger, als die Ver­mei­dung einer Ein­trü­bung des Whis­kys bei einer even­tu­el­len Zuga­be von Eis-Cubes in einem Cock­tail. Mit dem Signa­tu­re Edi­ti­on Four setzt St. Kili­an neue Maß­stä­be. Der frän­ki­sche Sin­gle Malt braucht einen inter­na­tio­na­len Ver­gleich kei­nes­wegs zu scheu­en. Anda­lu­si­scher Sher­ry, schot­ti­scher Rauch, schot­tisch-iri­sche Brenn­tech­no­lo­gie sowie deut­sche Brau- und Destil­lier­kunst schaf­fen einen ein­drucks­vol­len har­mo­nisch run­den und aus­ge­wo­ge­nen Whis­ky, der Peat Heads sehr gut schme­cken dürfte.

St. Kilian Manhole (c) The Gateway to Distilleries

In der Regel redu­ziert die zwei­stu­fi­ge Destil­la­ti­on den Phe­nol­wert des Mal­zes im Destil­lat auf rund ein Drit­tel. Beim Kili­an Four bewegt er sich ver­mut­lich zwi­schen 15 bis 10ppm, was sicher­lich dem Ein­satz des auf­rei­ni­gen­den reflux con­den­sers geschul­det ist. Die Reduk­ti­on des Rauch­po­ten­zi­als ist eben­falls der neu­en Kili­an-Cuvée wahr­nehm­bar. Den­noch bleibt im Ver­gleich zur Vor­gän­ger­va­ri­an­te Signa­tu­re Three der Rauch­ein­druck stär­ker und weit­aus län­ger in der Nase und am Gau­men ste­hen, obwohl er gegen­über sei­nem Pen­dant eine mini­mal zwei Pro­zent nied­ri­ge­re Alko­hol­trink­stär­ke aufweist.

Die Über­ra­schung: ein opu­lent auf­dring­li­cher, medi­zi­ni­scher und jod­hal­ti­ger Rauch domi­niert kei­nes­falls, son­dern viel­mehr umschmei­chelt Rauch mit mini­mal tee­ri­gen und mine­ra­li­schen Anmu­tun­gen die Nase. Es ist ein Rauch, den vie­le bewusst wäh­rend eines Lager­feu­ers oder Anzün­den eines Holz­koh­le­grills bewusst wahr­neh­men. Es ist kein bekann­ter Salz­schin­ken­rauch, obwohl die Nase anfangs kurz dar­an dach­te. Der Kili­an Three ist im direk­ten rie­chen­den Ver­gleich weit­aus fruch­ti­ger nach Him­bee­re duf­tend. Neben der scho­nen­den zwei­fa­chen Destil­la­ti­on ist die pflanz­li­che Zusam­men­set­zung des rela­tiv dunk­len Tor­fes aus den 50 Km nörd­lich von Aber­deen, nahe der Nord­see lie­gen­den Peat Bogs von Pitsli­go, prä­gend für die Rauch­cha­rak­te­ris­tik des Sin­gle Malts. Beim Anfeu­ern-Ver­rau­chen der pflanz­li­chen Tei­le des tief­schwar­zen Tor­fes for­men die Phe­no­le und Cre­so­le wäh­rend der ers­ten Pha­se der Dar­re in den Gle­nesk Mal­tings den spe­zi­fi­schen Rauch­ge­schmack im grü­nen Gers­ten­malz, der sich wäh­rend der Destil­la­ti­on teil­wei­se erhält.

Der pea­ted cha­rac­ter unter­schei­det sich daher voll­kom­men von den eher robus­ten mari­ti­men Torf­sor­ten aus Islay – mit Salz und Algen – oder der Torf­cock­tail-Mischung mit Hei­de­kraut von Ork­ney. Die Aro­ma­tik des Pitsli­go Peat ist grund­sätz­lich anders. Sie ist mil­der, wei­cher und in der Opu­lenz zurück­hal­ten­der als ihre Ver­wand­ten aus den ande­ren Peat Bogs. Der Rauch ist beim Sigi-Four sehr har­mo­nisch aus­glei­chend ein­ge­bun­den. Für den jun­gen drei­jäh­ri­gen Sin­gle Malt ist der balan­cier­te olfak­to­ri­sche Effekt ein Phänomen.

„Ein tol­ler Auf­takt war das ges­tern auf der Han­se Spi­rit in Ham­burg. Don­ners­tag­abend und so vie­le Whis­ky­freun­de an unse­rem Stand um unse­ren Signa­tu­re Edi­ti­on Four zu tes­ten. Dazu noch die rau­chi­ge Mes­se­ab­fül­lung des Han­se Spi­rit Teams aus dem Rhum Agri­co­le Fass mit Ton­ka Gin Fass Finish. Auch das eine Pre­mie­re. Die Rück­mel­dun­gen zu bei­den Pro­duk­ten sind über­wäl­ti­gend. Wirk­lich toll!“ schrieb Mario Rudolf glück­lich in Facebook.

Die St. Kili­an Signa­tu­re Edi­ti­on Four ist seit 31. Janu­ar 2020 für € 42,90 – 0,5 Liter in der Pot-Still-Fla­sche – beim Local Dea­ler und im online-Han­del erhältlich.

Offizielle Aroma-Beschreibung von St. Kilian

  • Aus­se­hen: Hel­ler Bernstein
  • Geruch: Kräftiger, war­mer Lager­feu­er-Rauch lich­tet sich für fruch­ti­ge Sher­ry-Aro­men mit süßen Rosi­nen, cre­mi­gem But­ter­ka­ra­mell-Fudge, fri­schem Apfel und fei­nen Anklängen von würzigem Tabak und Leder.
  • Geschmack: Voll­mun­dig-inten­siv mit aro­ma­ti­schem Torf­rauch, beglei­tet von einer Melan­ge aus getrock­ne­ten Pflau­men, Dat­teln und Rosi­nen, abge­run­det von einem Hauch Vanil­le und dunk­ler Scho­ko­la­de mit Fleur de Sel.
  • Nach­klang: Lang und wür­zig-warm mit fei­nen Sher­ry-Noten und sanft aus­klin­gen­dem Rauch.
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Ernst J. Scheiner ist der Herausgeber des Portals The Gateway to Distilleries und hat über 140 Destillerien fotografisch von innen dokumentiert sowie ihre Produktion beschrieben. Seit seinem Studium an der University of Edinburgh befasst er sich mit Whisky und publiziert in englisch- und deutschsprachigen Blogs sowie Magazinen über schottische und irische Destillerien. Als Whisk(e)y-Botschafter führt er Tasting-Kollegs und Studienreisen für Einrichtungen der Erwachsenenbildung sowie für das EBZ Irland durch.