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von Ernie – Ernst J. Scheiner, The Gateway to Distilleries
Kontrovers wird der neue Ardbeg Single Malt diskutiert, das ist sicher. Dr. Bill Lumsdens – Mastermind und Whisky Creator der Islay Distillery Ardbeg und der Highland Distillery Glenmorangie – stellt sein neuestes Opus zur Diskussion.
Der Whisky Blender ließ den rauchigen Ardbeg Spirit in Seasoned Sherry-Fässern in den Steel Rack und traditionellen Dunnage Warehouses an der Südküste der Königin der Hebrideninseln unter ständiger Kontrolle heranreifen. Acht Jahre seien genug, dachte sich Lumsden. Er orientierte sich dabei nicht am zehnjährigen Standard, der traditionell in Bourbon-Barrels die aromatische Prägung erfährt. Das Team des bei Ardbegians so populären des langjährigen Managers Mickey Heads hatte den Spirit aus einem mit Islay-Peat-Rauch versetzten Gerstenmalz (50–55 ppm) in zwei Schritten zuerst in der 18 299 Liter großen Roh- und danach in der 11 775 Liter kleineren Feinbrandbrennblase destilliert. Maltmen von Diageo hatten im benachbarten Port Ellen die Gerste in Boby Drums vermälzt.
Der New Make mit einer Phenolkonzentration von geschätzten 18 bis 20 ppm wurde vor Ort nicht wie sonst üblich in Standard Bourbon Barrels aus amerikanischer Eiche gefüllt, sondern auftragsgemäß in die bereitgestellten Sherry Butts und Hogsheads (siehe Foto). Die Fassfüllstärke wurde auf den Standard 63,5 % Vol. eingestellt.
Sherry-Fass, was steckt dahinter?
Die Barriles kamen jetzt aus Andalusien, statt aus Kentucky oder Tennessee. Küfer hatten sie aus luftgetrockneten amerikanischen Eichenholzdauben aufgebaut und im Gegensatz zu den amerikanischen Fässern nicht gecharrt – ausgekohlt -, sondern lediglich getoastet wie dies bei Weinfässern die Regel ist. Im Dreieck von Sanlúcar de Barrameda, El Puerto de Santa Maria und Jerez wurden in den Fässern von Winzern für eine gewisse Zeit – meistens über zwölf Monate und mehr – ein junger vino generoso in der Regel aus Palomino Trauben oxidativ ausgebaut. Die luftdurchfluteten, dunklen, ebenerdigen, riesigen Lagerhäuser der Bodegas schaffen eine gedeihliche Atmosphäre in denen sich junge Weißweine – Fino – gut unter Flor entwickeln.
Nach wenigen Wochen vernichtet die Aufsprittung mit der Zugabe von Branntwein den vor Sauerstoff schützenden Hefeflors. Allmählich wandelt sich der Weißwein in trockene rostbraune Oloroso Sherries. Bereits nach wenigen Wochen wirkt sich der entscheidende und einflussreiche Agent, Sauerstoff, auf das entstehende Aromaprofil des jungen Weines prägend aus. Es gibt natürlich noch weitere Sherry-Fassarten, je nachdem welche Rebsorten die Önologen für den Ausbau der jeweiligen Grundweine auswählen: Pedro Ximénez, Moscatel (Hauptsorten) sowie Albillo, Cañocazo, Mantuo oder Perruno.
Dr. Bill Lumsden erklärt den überraschend neuen Ansatz: „Ardbeg 8 Years Old ist ein köstlicher, jüngerer und authentischer Single Malt – ich betrachte ihn gerne als die ‚Parallelwelt-Version‘ des Ardbeg Ten Years Old. Gereifte Ex-Sherry-Whiskys sind ultimatives Neuland für uns, also freuen wir uns über jeden Gedanken darüber!“
Es begann wohl mit einem Gedankenspiel. Master Distiller Lumsden „…fragte sich bei der Verkostung von Ardbeg-Fässern unterschiedlichen Alters, wie eine Abfüllung in einer parallelen Welt aussähe, in der es das Flaggschiff der Destillerie, den Ardbeg Ten Years Old nicht gäbe. Wäre ein rauchiger Whisky, teilweise in ehemaligen Sherryfässern gereift, ein würdiger Mittelpunkt der Ardbeg Range?“
Es gilt allerdings zu bedenken, dass ein derartiges Reifeverfahren für Ardbegs Whiskies eigentlich nicht grundsätzlich neu ist. Blicken wir zurück. Ardbeg Spirits wurden in früherer Zeit, also vor dem Zweiten Weltkrieg, als noch keine Bourbon Barrels nach Schottland kamen, in allerlei Fassarten, die damals den Brennereien zur Verfügung standen, abgefüllt. Die Nachbarbrennerei Laphroaig war unter den ersten Schottlands, die nach der U.S.-Prohibition Bourbon Barrels zur Reifung einsetzte.
Weitverbreitet waren zu jenen Tagen bis Ende der 1970er Jahre sogenannte Sherry-Transport-Fässer – shipping casks – in denen die Importeure und Großhändler andalusischen Sherry-Weine nach Schottland oder England in großen Mengen mit Schiffen brachten. Nach Entleerung der botas de exportatión und Abfüllung der Sherries in Flaschen fanden die günstigen, oft rund fünfhundert Liter großen Gebinde reißenden Absatz in den Whisky-Brennereien. Die Distiller entdeckten, dass sich ihre Whiskies in diesen vorwiegend aus amerikanischem Eichenholz hergestellten Gebinden besonders eindrucksvoll aromatisch entfalteten. Darunter waren ebenfalls die leichter zu transportierenden zweihundertfünfzig Liter großen Hogsheads.
Mit der Wiederentdeckung der Sherry Barriles beleben Dr. Bill Lumsden und sein Team diese Tradition wieder neu. Sie reihen sich damit in den allgemeinen Modetrend zu Sherry-geprägten Whiskies ein. In der Regel werden heute keine alten Bodega Barriles, die jahrzehntelang zum Ausbau der Sherries ihre Dienste in die Solera einbrachten, eingesetzt. Sie sind seit dem Zusammenbruch des Sherry-Exports und der Schließung vieler Bodegas Mitte der 1970er Jahre sehr rar.
Renommierte Küfereien in Jerez, darunter Hudo, Páez, Tevasa, Vasyma oder jene in Montilla wie Pino, Rodriguez und Casknolia beliefern den Brennerei-Weltmarkt mit hundertausenden seasoned Sherry-Fässern je nach Wunsch der Master Blender. Die Tonelerías arbeiten dabei eng mit bekannten Bodegas zusammen und beauftragen diese mit dem Seasoning der Fässer. Der Consejo Regulador von Jerez zertifiziert erst nach einer Mindestreifezeit von zwölf Monaten die Barriles. Siehe hierzu ausführlich die Sommerausgabe des deutschen Whisky-Magazins The Highland Herold vom Sommer 2018 (Freier Download möglich https://www.highland-herold.de/the-highland-herold-39-sommer-2018/).
In welchen Fässern reifte der Neue?
Welche Fasstypen und Sherry-Arten vom Director of Distilling and Whisky Creation, Dr. Lumsden, für das aktuelle Vatting des aktuellen Ardbeg 8 year old Single Malt Batch 1 ausgewählt wurden, bleibt ein Geheimnis? Es ist verständlich und nachvollziehbar, dass er die Mischungsrezeptur nicht öffentlich preisgibt und damit die Meinungen während Diskussionen beeinflusst. Natürlich regt das Spekulieren die Diskussion an und lässt aber ebenfalls viele Fragen offen.
Die über 100 000 Mitglieder des Ardbeg Committee sollen ja selbst das aromatische und geschmackliche Ergebnis intensiv diskutieren und ihre Meinung zum Sherry-Ardbeg kundtun. Eine Flaschenfüllstärke von 50,8 % Vol wird ihnen durch die Zugabe von viel oder wenig Wasser mannigfache Aromen-Eindrücke bescheren. Denn jeder Whisky-Nerd – darunter auch Frauen – sind sich bewusst, dass die Zugabe von mehreren Wassertropfen, den jungen Whisky aromatisch öffnet und die alkoholische Wahrnehmung mindert. Nach dem Willen der Whisky-Maker sollen sie „…Noten aus kräftigem Torfrauch, Teer, Holzkohle und gesalzenem Karamell…“ entdecken. Ihre Suche nach typischen Sherry-Anmutungen wird die Tester auf eine spannende, aber schwierige Entdeckungsreise führen. Mit Nase und Zunge suchen sie nach vollreifen Birnen und Äpfel oder dunklen Früchte, getrocknetem Obst – Rosinen, Sultaninen, Feigen, Datteln -, Mandeln, Nüsse, Orangezesten, Gewürze – Pfeffer, Paprika, Chilli -, Bitter- oder Milchschokolade, Tabak, Mokka sowie Süße, Ingwerschärfe und Bitterkeit. A propos, der Islay Single Malt ist weder mit Zuckerkulör gefärbt, noch kühlfiltriert. Eine Hilfestellung Lumsdens wird die Spurensuche erschweren und keineswegs erleichtern, wenn sie die offizielle Beschreibung lesen:
„Farbe: Helles Strohgelb
An der Nase: Intensiv, erst kräftige Noten von Holzkohle, Kreosot, Teer und Toffee, dann ein geheimnisvoller, pflanzlicher Duft von Fenchel, Sellerie und grünem Paprika. Sobald diese abklingen, folgen Milchschokolade, Anis und Holzrauch. Mit einem kleinen Tropfen Wasser erscheinen weitere Kräuternoten, wie von Fenchel, Koriander und Lavendel, mit dem für Ardbeg typischen aromatischen Holzrauch und einer kurzen, frisch-salzigen Meeresgischt.
Am Gaumen: Ausgeprägte pfeffrige Noten münden in eine komplexe Symphonie aus Weichtoffee, Anis, gesalzener Karamellschokolade, Eukalyptus, Menthol und Bruyèreholz. Ein prickelnd-pfeffriger Geschmack folgt mit süßen Aromen, die von herzhaften Holzkohle-Noten, geräuchertem Speck, angebranntem Toast und Teer überlagert werden.
Nachhall: Lang und anhaltend, mit einem Hauch frischer Pfefferminze und einer Brise Gewürznelke.“
Es wird höchst spannend, welche Eindrücke sich in den sicherlich zahlreichen Begutachtungen und Meinungen wiederfinden. Über Geschmack lässt sich bekanntlich vortrefflich streiten. Denn jede und jeder schmeckt anders. Und wo bleiben die Sherry-Einflüsse?
Wie schmeckt der Neue Sherry-Ardbeg?
Im Rona-Verkostungsglas fasziniert ein an mattes Gold mit sehr, sehr geringen Reflexen aus dem orangenen Farbenspektrum erinnernder öliger Whisky. Er ist nicht wein-grünlich wie der Zehnjährige. Dünnere Schlieren bewegen sich allmählich sehr langsam in den Kelch. Die anfangs beim Schwenken im Glas entstehende feine Perlenkette mahnt jedoch zur Vorsicht. Sie deutet optisch dem Riechorgan warnend den hohen Alkoholgehalt des Achtjährigen an. Relativ schnell verwandeln sich die Nadelkopf kleinen Perlen in einen öligen, fetten und dichten Rettungsring. Die sich allmählich durch Schwerkraft bildenden Tränensäcke bewegen sich aufgrund der sehr hohen Alkoholkonzentration nur sehr zaghaft in das Glas hinab. Die Schotten benennen das Phänomen charmant mit legs. Einige von ihnen verharren schlichtweg und bleiben sehr lange an der Glasinnenwand stehen.
Die Nase umschmeichelt ein opulent typischer Ardbeg-Rauchton. Angenehm. Im Vergleich zum Zehnjährigen fühlt sich der Geruch milder, süßer und etwas weniger frisch an. Teerige Spuren sind nicht so dominant, sie blitzen eher im Hintergrund auf. Sie stören nicht. Der 50,8 % vol kräftige Alkohol ist erstaunlich gut eingebunden und sticht keineswegs in die Stirnhöhle vor. Es ist der Beweis für eine saubere Destillation sowie für das aromasichere Setzen der Abtrennpunkte des Mittellaufs. Der stetige Reflux der schweren Alkohole durch den Purifier im Lyne Arm der Feinbrandblase zeigt seine effiziente aufreinigende Wirkung. Steter Kupferkontakt in den Brennblasen und den Röhrenkondensierern macht den New Make sauberer und reiner. Die Kupferinnenflächen reduzieren gleich einem aufsaugenden Schwamm die schwefligen Verbindungen im Destillat. Hinzu kommt eine moderierende Fasswirkung. Der fein destillierte und abgestimmte New Make scheint in den Seasoned Sherry-Fässern schneller als in den Bourbon Barrels heranzureifen. Das Resultat ist eine Ausgewogenheit der Aromen im Glas. Dennoch prägt sich während der kurzen Reifezeit wie sie im 19. Jhd. durchaus üblich war, eine gewisse aromatische Komplexität aus. Sehr dezente süße Anmutungen erscheinen, dennoch nicht so kräftig wie bei Whiskies aus Pedro Ximénez-Fässern. Bei einer achtjährigen Reifung im Sherry-Fass erwartet die Riechschleimhaut eher Noten von Honig, Feigen, Datteln oder Quittensaft. Auf der Handfläche dominieren Raucheindrücke, Karamell und Malz. Die ölige Konsistenz hinterlässt ihre klebrige Spuren auf der Haut, Sherry-typisch eben.
Auf der Zunge und am Gaumen überrascht eine füllige Cremigkeit, die spannend in pfeffrige, ingwerartige Schärfeeindrücke bis hin zu einer teerigen Bitterkeit überleitet. Der junge zweifach aus 100 % Gerstenmalz gebrannte Ardbeg gibt sich extrem trocken und verharrt sehr lange im gesamten Mundraum mit nachhaltigen faszinierenden Raucheindrücken. Aufkommende Pfefferminzassoziation erinnern an kräftige Fisherman‘s Friends Eukalyptus-Pastillen. Überraschend ist die fast gänzlich fehlende Süße, stattdessen meint man im Nachgang eine gering salzige Wahrnehmung zu spüren, die allerdings lange eine strenge würzige Bitterkeit begleitet.
Wo bleiben die antizipierten Sherry-Oloroso-Aromen? Sie mildern lediglich das rauchige Erscheinungsbild des Erstlings. Sie machen den Whisky weicher. Nach einer Weile glaubt man einen Hauch von Schokolade mit dezenter Süße wahrzunehmen. Die Zugabe von etwas Wasser wandelt ihn geschmeidiger, weicher und fruchtiger, macht das Aroma-Profil schöner. Die pfeffrigen und bitteren Noten verlieren ihre Schärfe. Der Sherry-Ardbeg wird milder und weniger rauh. Schokoladige Anmutungen werden kräftiger, sie runden den Islay Malt angenehm ab. Er wird süßer und mischt sich mit nachhallenden Chilli-Eindrücken. Die Tannine des Eichenholzes der frischen und jungen Fässer kommen zum Vorschein.
Im Vatting des experimentalen Ardbegs fehlen allerdings weitere Whiskies aus den markanten und charaktervollen Pedro Ximénez Casks, deren prominente Aromenstruktur insbesondere Freunde von Sherry-Fass-gereiften Whiskies schätzen. Sie hätten den Neuen vielschichtiger, fülliger und aromaintensiver werden lassen. Im direkten Vergleich zum Zehnjährigen überzeugt die Cremigkeit und der in sich spannende Ablauf der geschmacklichen und aromatischen Assoziationen, die sich auf der Zunge und im Mundraum ausprägen. Ein Ardbeg Distillery Character präsentiert sich nach wie vor. Dieser wird keinesfalls von Sherry-typischen Aromen überdeckt. Dr. Bill Lumsden wird das Sherry-Experiment sicherlich fortsetzen. Die zukünftige Entwicklung des Ardbeg-Sherry-Typus zu verfolgen, wird nicht nur Ardbegians genüsslich begeistern. Der Eight Year Old Ardbeg ist ein erster Schritt in die richtige Richtung. Ardbeg bleibt somit eine abwechselnde Herausforderung und in der Diskussion.
Der neue Distillery Production Manager Colin Gordon folgte Mickey Heads im vergangenen Jahr und kam von der Nachbarbrennerei Lagavulin. Zuvor war er Site Operations Manager bei den Port Ellen Maltings. Der Master of Science of Brewing and Distilling der Heriot Watt University in Edinburgh lädt am 30. Juli 2021 alle Committee-Mitglieder zu einer Online-Verkostung der neuen Sherry-Abfüllung ein. Der Beitritt zum Ardbeg Committee ist jederzeit kostenfrei unter Ardbeg.com/committee möglich.
Ardbeg 8 Years Old For Discussion wurde mit einer Alkoholkonzentration von 50,8 Vol. % abgefüllt. Ab dem 8. Juli 2021 werden Ardbegians in Deutschland und Österreich eine Flasche zu erhaschen. Deren Limitierung ist wie auch der Preis noch nicht bekannt. „Wir haben uns entschlossen, keinen Preis vorab zu kommunizieren. Wird aber sicherlich für die meisten in einem guten Rahmen liegen,“ schreibt Moët Hennessy Deutschland.
(* = Affiliate-Link / Bildquelle: Amazon-Partnerprogramm)
von Ernie – Ernst J. Scheiner, The Gateway to Distilleries
Kontrovers wird der neue Ardbeg Single Malt diskutiert, das ist sicher. Dr. Bill Lumsdens – Mastermind und Whisky Creator der Islay Distillery Ardbeg und der Highland Distillery Glenmorangie – stellt sein neuestes Opus zur Diskussion.
Der Whisky Blender ließ den rauchigen Ardbeg Spirit in Seasoned Sherry-Fässern in den Steel Rack und traditionellen Dunnage Warehouses an der Südküste der Königin der Hebrideninseln unter ständiger Kontrolle heranreifen. Acht Jahre seien genug, dachte sich Lumsden. Er orientierte sich dabei nicht am zehnjährigen Standard, der traditionell in Bourbon-Barrels die aromatische Prägung erfährt. Das Team des bei Ardbegians so populären des langjährigen Managers Mickey Heads hatte den Spirit aus einem mit Islay-Peat-Rauch versetzten Gerstenmalz (50–55 ppm) in zwei Schritten zuerst in der 18 299 Liter großen Roh- und danach in der 11 775 Liter kleineren Feinbrandbrennblase destilliert. Maltmen von Diageo hatten im benachbarten Port Ellen die Gerste in Boby Drums vermälzt.
Der New Make mit einer Phenolkonzentration von geschätzten 18 bis 20 ppm wurde vor Ort nicht wie sonst üblich in Standard Bourbon Barrels aus amerikanischer Eiche gefüllt, sondern auftragsgemäß in die bereitgestellten Sherry Butts und Hogsheads (siehe Foto). Die Fassfüllstärke wurde auf den Standard 63,5 % Vol. eingestellt.
Sherry-Fass, was steckt dahinter?
Die Barriles kamen jetzt aus Andalusien, statt aus Kentucky oder Tennessee. Küfer hatten sie aus luftgetrockneten amerikanischen Eichenholzdauben aufgebaut und im Gegensatz zu den amerikanischen Fässern nicht gecharrt – ausgekohlt -, sondern lediglich getoastet wie dies bei Weinfässern die Regel ist. Im Dreieck von Sanlúcar de Barrameda, El Puerto de Santa Maria und Jerez wurden in den Fässern von Winzern für eine gewisse Zeit – meistens über zwölf Monate und mehr – ein junger vino generoso in der Regel aus Palomino Trauben oxidativ ausgebaut. Die luftdurchfluteten, dunklen, ebenerdigen, riesigen Lagerhäuser der Bodegas schaffen eine gedeihliche Atmosphäre in denen sich junge Weißweine – Fino – gut unter Flor entwickeln.
Nach wenigen Wochen vernichtet die Aufsprittung mit der Zugabe von Branntwein den vor Sauerstoff schützenden Hefeflors. Allmählich wandelt sich der Weißwein in trockene rostbraune Oloroso Sherries. Bereits nach wenigen Wochen wirkt sich der entscheidende und einflussreiche Agent, Sauerstoff, auf das entstehende Aromaprofil des jungen Weines prägend aus. Es gibt natürlich noch weitere Sherry-Fassarten, je nachdem welche Rebsorten die Önologen für den Ausbau der jeweiligen Grundweine auswählen: Pedro Ximénez, Moscatel (Hauptsorten) sowie Albillo, Cañocazo, Mantuo oder Perruno.
Es begann wohl mit einem Gedankenspiel. Master Distiller Lumsden „…fragte sich bei der Verkostung von Ardbeg-Fässern unterschiedlichen Alters, wie eine Abfüllung in einer parallelen Welt aussähe, in der es das Flaggschiff der Destillerie, den Ardbeg Ten Years Old nicht gäbe. Wäre ein rauchiger Whisky, teilweise in ehemaligen Sherryfässern gereift, ein würdiger Mittelpunkt der Ardbeg Range?“
Es gilt allerdings zu bedenken, dass ein derartiges Reifeverfahren für Ardbegs Whiskies eigentlich nicht grundsätzlich neu ist. Blicken wir zurück. Ardbeg Spirits wurden in früherer Zeit, also vor dem Zweiten Weltkrieg, als noch keine Bourbon Barrels nach Schottland kamen, in allerlei Fassarten, die damals den Brennereien zur Verfügung standen, abgefüllt. Die Nachbarbrennerei Laphroaig war unter den ersten Schottlands, die nach der U.S.-Prohibition Bourbon Barrels zur Reifung einsetzte.
Weitverbreitet waren zu jenen Tagen bis Ende der 1970er Jahre sogenannte Sherry-Transport-Fässer – shipping casks – in denen die Importeure und Großhändler andalusischen Sherry-Weine nach Schottland oder England in großen Mengen mit Schiffen brachten. Nach Entleerung der botas de exportatión und Abfüllung der Sherries in Flaschen fanden die günstigen, oft rund fünfhundert Liter großen Gebinde reißenden Absatz in den Whisky-Brennereien. Die Distiller entdeckten, dass sich ihre Whiskies in diesen vorwiegend aus amerikanischem Eichenholz hergestellten Gebinden besonders eindrucksvoll aromatisch entfalteten. Darunter waren ebenfalls die leichter zu transportierenden zweihundertfünfzig Liter großen Hogsheads.
Mit der Wiederentdeckung der Sherry Barriles beleben Dr. Bill Lumsden und sein Team diese Tradition wieder neu. Sie reihen sich damit in den allgemeinen Modetrend zu Sherry-geprägten Whiskies ein. In der Regel werden heute keine alten Bodega Barriles, die jahrzehntelang zum Ausbau der Sherries ihre Dienste in die Solera einbrachten, eingesetzt. Sie sind seit dem Zusammenbruch des Sherry-Exports und der Schließung vieler Bodegas Mitte der 1970er Jahre sehr rar.
Renommierte Küfereien in Jerez, darunter Hudo, Páez, Tevasa, Vasyma oder jene in Montilla wie Pino, Rodriguez und Casknolia beliefern den Brennerei-Weltmarkt mit hundertausenden seasoned Sherry-Fässern je nach Wunsch der Master Blender. Die Tonelerías arbeiten dabei eng mit bekannten Bodegas zusammen und beauftragen diese mit dem Seasoning der Fässer. Der Consejo Regulador von Jerez zertifiziert erst nach einer Mindestreifezeit von zwölf Monaten die Barriles. Siehe hierzu ausführlich die Sommerausgabe des deutschen Whisky-Magazins The Highland Herold vom Sommer 2018 (Freier Download möglich https://www.highland-herold.de/the-highland-herold-39-sommer-2018/).
In welchen Fässern reifte der Neue?
Welche Fasstypen und Sherry-Arten vom Director of Distilling and Whisky Creation, Dr. Lumsden, für das aktuelle Vatting des aktuellen Ardbeg 8 year old Single Malt Batch 1 ausgewählt wurden, bleibt ein Geheimnis? Es ist verständlich und nachvollziehbar, dass er die Mischungsrezeptur nicht öffentlich preisgibt und damit die Meinungen während Diskussionen beeinflusst. Natürlich regt das Spekulieren die Diskussion an und lässt aber ebenfalls viele Fragen offen.
Die über 100 000 Mitglieder des Ardbeg Committee sollen ja selbst das aromatische und geschmackliche Ergebnis intensiv diskutieren und ihre Meinung zum Sherry-Ardbeg kundtun. Eine Flaschenfüllstärke von 50,8 % Vol wird ihnen durch die Zugabe von viel oder wenig Wasser mannigfache Aromen-Eindrücke bescheren. Denn jeder Whisky-Nerd – darunter auch Frauen – sind sich bewusst, dass die Zugabe von mehreren Wassertropfen, den jungen Whisky aromatisch öffnet und die alkoholische Wahrnehmung mindert. Nach dem Willen der Whisky-Maker sollen sie „…Noten aus kräftigem Torfrauch, Teer, Holzkohle und gesalzenem Karamell…“ entdecken. Ihre Suche nach typischen Sherry-Anmutungen wird die Tester auf eine spannende, aber schwierige Entdeckungsreise führen. Mit Nase und Zunge suchen sie nach vollreifen Birnen und Äpfel oder dunklen Früchte, getrocknetem Obst – Rosinen, Sultaninen, Feigen, Datteln -, Mandeln, Nüsse, Orangezesten, Gewürze – Pfeffer, Paprika, Chilli -, Bitter- oder Milchschokolade, Tabak, Mokka sowie Süße, Ingwerschärfe und Bitterkeit. A propos, der Islay Single Malt ist weder mit Zuckerkulör gefärbt, noch kühlfiltriert. Eine Hilfestellung Lumsdens wird die Spurensuche erschweren und keineswegs erleichtern, wenn sie die offizielle Beschreibung lesen:
„Farbe: Helles Strohgelb
An der Nase: Intensiv, erst kräftige Noten von Holzkohle, Kreosot, Teer und Toffee, dann ein geheimnisvoller, pflanzlicher Duft von Fenchel, Sellerie und grünem Paprika. Sobald diese abklingen, folgen Milchschokolade, Anis und Holzrauch. Mit einem kleinen Tropfen Wasser erscheinen weitere Kräuternoten, wie von Fenchel, Koriander und Lavendel, mit dem für Ardbeg typischen aromatischen Holzrauch und einer kurzen, frisch-salzigen Meeresgischt.
Am Gaumen: Ausgeprägte pfeffrige Noten münden in eine komplexe Symphonie aus Weichtoffee, Anis, gesalzener Karamellschokolade, Eukalyptus, Menthol und Bruyèreholz. Ein prickelnd-pfeffriger Geschmack folgt mit süßen Aromen, die von herzhaften Holzkohle-Noten, geräuchertem Speck, angebranntem Toast und Teer überlagert werden.
Nachhall: Lang und anhaltend, mit einem Hauch frischer Pfefferminze und einer Brise Gewürznelke.“
Es wird höchst spannend, welche Eindrücke sich in den sicherlich zahlreichen Begutachtungen und Meinungen wiederfinden. Über Geschmack lässt sich bekanntlich vortrefflich streiten. Denn jede und jeder schmeckt anders. Und wo bleiben die Sherry-Einflüsse?
Wie schmeckt der Neue Sherry-Ardbeg?
Im Rona-Verkostungsglas fasziniert ein an mattes Gold mit sehr, sehr geringen Reflexen aus dem orangenen Farbenspektrum erinnernder öliger Whisky. Er ist nicht wein-grünlich wie der Zehnjährige. Dünnere Schlieren bewegen sich allmählich sehr langsam in den Kelch. Die anfangs beim Schwenken im Glas entstehende feine Perlenkette mahnt jedoch zur Vorsicht. Sie deutet optisch dem Riechorgan warnend den hohen Alkoholgehalt des Achtjährigen an. Relativ schnell verwandeln sich die Nadelkopf kleinen Perlen in einen öligen, fetten und dichten Rettungsring. Die sich allmählich durch Schwerkraft bildenden Tränensäcke bewegen sich aufgrund der sehr hohen Alkoholkonzentration nur sehr zaghaft in das Glas hinab. Die Schotten benennen das Phänomen charmant mit legs. Einige von ihnen verharren schlichtweg und bleiben sehr lange an der Glasinnenwand stehen.
Die Nase umschmeichelt ein opulent typischer Ardbeg-Rauchton. Angenehm. Im Vergleich zum Zehnjährigen fühlt sich der Geruch milder, süßer und etwas weniger frisch an. Teerige Spuren sind nicht so dominant, sie blitzen eher im Hintergrund auf. Sie stören nicht. Der 50,8 % vol kräftige Alkohol ist erstaunlich gut eingebunden und sticht keineswegs in die Stirnhöhle vor. Es ist der Beweis für eine saubere Destillation sowie für das aromasichere Setzen der Abtrennpunkte des Mittellaufs. Der stetige Reflux der schweren Alkohole durch den Purifier im Lyne Arm der Feinbrandblase zeigt seine effiziente aufreinigende Wirkung. Steter Kupferkontakt in den Brennblasen und den Röhrenkondensierern macht den New Make sauberer und reiner. Die Kupferinnenflächen reduzieren gleich einem aufsaugenden Schwamm die schwefligen Verbindungen im Destillat. Hinzu kommt eine moderierende Fasswirkung. Der fein destillierte und abgestimmte New Make scheint in den Seasoned Sherry-Fässern schneller als in den Bourbon Barrels heranzureifen. Das Resultat ist eine Ausgewogenheit der Aromen im Glas. Dennoch prägt sich während der kurzen Reifezeit wie sie im 19. Jhd. durchaus üblich war, eine gewisse aromatische Komplexität aus. Sehr dezente süße Anmutungen erscheinen, dennoch nicht so kräftig wie bei Whiskies aus Pedro Ximénez-Fässern. Bei einer achtjährigen Reifung im Sherry-Fass erwartet die Riechschleimhaut eher Noten von Honig, Feigen, Datteln oder Quittensaft. Auf der Handfläche dominieren Raucheindrücke, Karamell und Malz. Die ölige Konsistenz hinterlässt ihre klebrige Spuren auf der Haut, Sherry-typisch eben.
Auf der Zunge und am Gaumen überrascht eine füllige Cremigkeit, die spannend in pfeffrige, ingwerartige Schärfeeindrücke bis hin zu einer teerigen Bitterkeit überleitet. Der junge zweifach aus 100 % Gerstenmalz gebrannte Ardbeg gibt sich extrem trocken und verharrt sehr lange im gesamten Mundraum mit nachhaltigen faszinierenden Raucheindrücken. Aufkommende Pfefferminzassoziation erinnern an kräftige Fisherman‘s Friends Eukalyptus-Pastillen. Überraschend ist die fast gänzlich fehlende Süße, stattdessen meint man im Nachgang eine gering salzige Wahrnehmung zu spüren, die allerdings lange eine strenge würzige Bitterkeit begleitet.
Wo bleiben die antizipierten Sherry-Oloroso-Aromen? Sie mildern lediglich das rauchige Erscheinungsbild des Erstlings. Sie machen den Whisky weicher. Nach einer Weile glaubt man einen Hauch von Schokolade mit dezenter Süße wahrzunehmen. Die Zugabe von etwas Wasser wandelt ihn geschmeidiger, weicher und fruchtiger, macht das Aroma-Profil schöner. Die pfeffrigen und bitteren Noten verlieren ihre Schärfe. Der Sherry-Ardbeg wird milder und weniger rauh. Schokoladige Anmutungen werden kräftiger, sie runden den Islay Malt angenehm ab. Er wird süßer und mischt sich mit nachhallenden Chilli-Eindrücken. Die Tannine des Eichenholzes der frischen und jungen Fässer kommen zum Vorschein.
Im Vatting des experimentalen Ardbegs fehlen allerdings weitere Whiskies aus den markanten und charaktervollen Pedro Ximénez Casks, deren prominente Aromenstruktur insbesondere Freunde von Sherry-Fass-gereiften Whiskies schätzen. Sie hätten den Neuen vielschichtiger, fülliger und aromaintensiver werden lassen. Im direkten Vergleich zum Zehnjährigen überzeugt die Cremigkeit und der in sich spannende Ablauf der geschmacklichen und aromatischen Assoziationen, die sich auf der Zunge und im Mundraum ausprägen. Ein Ardbeg Distillery Character präsentiert sich nach wie vor. Dieser wird keinesfalls von Sherry-typischen Aromen überdeckt. Dr. Bill Lumsden wird das Sherry-Experiment sicherlich fortsetzen. Die zukünftige Entwicklung des Ardbeg-Sherry-Typus zu verfolgen, wird nicht nur Ardbegians genüsslich begeistern. Der Eight Year Old Ardbeg ist ein erster Schritt in die richtige Richtung. Ardbeg bleibt somit eine abwechselnde Herausforderung und in der Diskussion.
Der neue Distillery Production Manager Colin Gordon folgte Mickey Heads im vergangenen Jahr und kam von der Nachbarbrennerei Lagavulin. Zuvor war er Site Operations Manager bei den Port Ellen Maltings. Der Master of Science of Brewing and Distilling der Heriot Watt University in Edinburgh lädt am 30. Juli 2021 alle Committee-Mitglieder zu einer Online-Verkostung der neuen Sherry-Abfüllung ein. Der Beitritt zum Ardbeg Committee ist jederzeit kostenfrei unter Ardbeg.com/committee möglich.
Ardbeg 8 Years Old For Discussion wurde mit einer Alkoholkonzentration von 50,8 Vol. % abgefüllt. Ab dem 8. Juli 2021 werden Ardbegians in Deutschland und Österreich eine Flasche zu erhaschen. Deren Limitierung ist wie auch der Preis noch nicht bekannt. „Wir haben uns entschlossen, keinen Preis vorab zu kommunizieren. Wird aber sicherlich für die meisten in einem guten Rahmen liegen,“ schreibt Moët Hennessy Deutschland.