Der Familienbetrieb der Sauerländer Edelbrennerei steht im beschaulichen Bergdorf Kallenhardt und produziert alles, was das Sauerland so hergibt, in echter Handarbeit und wurde dafür schon häufig prämiert.
Das gilt auch für den Thousand Mountains Mc Raven Single Malt Whisky, der im ersten Anlauf bei der International Wine & Spirit Competition mit silber ausgezeichnet wurde.
Viel Vorschusslorbeeren also für ein Destillat, dessen fassstarke Variante mit satten 59,8% mir die Brennerei als Sample zugeschickt hat (vielen Dank dafür!). Der Whisky ist auf 1000 Flaschen limitiert und liegt bei stolzen 69,90 € für die nett gestaltete 0,7‑Liter-Flasche.
Die Lagerung des Mc Raven erfolgt zunächst in Rotweinfässern und abschließend in original Kentucky Bourbonfässern. Brennmeister Julian Wellhausen füllt den Single Malt Whisky ungefiltert und nicht eingefärbt in handveredelte Flaschen ab.
So schmeckt der Mc Raven Cask Strength
Sowohl der Farbe als auch dem Geruch merkt man die Rotwein-Reifung auch deutlich an. Ein schönes Rotbraun und der typische, leicht säuerliche Weingeruch sprechen eine deutliche Sprache. In der Nase kommen viel Tannine durch, dazu eine gewisse Nussigkeit, die mich spontan an Hazelburn erinnert hat. Die vanillige Süße des Bourbonfasses hat dagegen eher zu kämpfen. Am ehesten rieche ich Pumpernickel, also ein sehr malziges Schwarzbrot.
Im Mund ist er pur ziemlich heftig, was bei knapp 60% auch nicht verwunderlich ist. Aus dem Malz wird eher dunkle Schokolade. Der Abgang ist heftig und wieder mehr in Richtung Wein mit einiger Säure, da bin ich allerdings auch empfindlich. Alles in allem kann er nicht verleugnen, dass er ziemlich jung ist.
Mit Wasser ändert sich der Mc Raven ziemlich, und zwar zum Positiven. Die Weinnote wird zurückgedrängt, er wird voller, süßer und würziger. Im Mund kommt viel mehr Schokolade durch, der Abgang ist angenehmer und der Nachklang länger.
Für einen Rotwein-gelagerten Whisky schmeckt er mir recht gut, denn das ist sonst nicht so meine Baustelle. Trotzdem ist er noch sehr jung, ein generelles Problem fast aller deutschen Whiskys, zumindest wenn man sie mit Schotten oder Iren vergleichen möchte.
Fazit
Im deutschen Umfeld gehört der Mc Raven sicherlich zu den besseren, wobei im Vergleich die Trinkstärke interessant wäre, mit 59,90 € aber preislich in ähnlichem Rahmen liegt. Ich würde den Mc Raven auf einem ähnlichen Niveau einstufen wie den vorletztes Jahr probierten EMILL Kraftwerk von Scheibel (auch in Fassstärke), wobei letzterer den etwas ungewöhnlicheren Geschmack bietet.
Neben Flaschen kann man vom Mc Raven Single Malt Whisky auch gleich ganze Fässer kaufen, mit Vorbelegung nach Wunsch und persönlicher Gravur oder Logo. Kleinere Fässer mit 30 oder 50 Litern sind mit Preisen ab 2190 € auch für Otto Normaltrinker bezahlbar, bei 190 Litern ist man dann direkt mal bei 9500 €.
Die Destillerie hat ein ziemlich gutes Marketing und zieht das auch von den Prospekten über die Website bis hin zu den liebevoll vom Künstler Otmar Alt gestalteten Etiketten der sonstigen Brände, Geiste und Liköre durch. Der Blick in den Prospekt mit den sonstigen Bränden macht mir dann schon ein wenig den Mund wässrig mit Zuckerrübe, Gewürzapfel und ähnlichem.
Einen kleinen Seitenhieb…
… kann ich mir am Schluss dann aber doch nicht verkneifen. Selbstbewusstsein ist ja nichts grundlegend schlechtes, aber auf der Website findet sich folgendes Zitat:
„Wir lieben schottischen Whisky, aber verfahrenstechnisch gesehen sind die typisch schottischen Pot-Still-Anlagen rudimentär. Dieser Brenntechnik ist es geschuldet, dass die schottischen Destillate min. 5 – 7 Jahre im Fass lagern müssen bis sie trinkbar sind (subtraktive Reifung, z.B. Abbau von Schwefelverbindungen) Wir wollen nicht kopieren, sondern unserer Stärken nutzen und stellen damit sicher, dass wir deutschen Whisky machen und keinen Schottischen. Dies gelingt uns mitunter durch die deutsche Verfahrenstechnik und macht einen enormen Unterschied aus.“
Das ist richtig, nur ist der Unterschied nicht unbedingt positiv. Und das rudimentäre, unperfekte im Zusammenspiel mit Zeit und Fassmanagement ist vielleicht gerade der Schlüssel und macht einen Teil der Faszination am (nicht nur schottischen) Whisky aus. Deutscher Whisky fasziniert mich bisher noch nicht, auch wenn Fortschritte deutlich erkennbar sind. Ich habe also noch Hoffnung.
Lieber Jörg Bechtold,
vielen Dank für den kleinen Seitenhieb. Mir geht es da so ähnlich. Ich war am 02.06.2020 selbst vor Ort und habe mir ein kleines Probefläschen vom Normaltrunk mitgenommen. Mir fehlt es erheblich an Tiefe, die ein solch junger Whisky auch gar nicht haben kann. Die gefühlten Geschmäcker mancher Tester muss sich wirklich mit sehr viel Phantasie einreden. Ich war bereits zehnmal in Schottland und bekomme dort für das gleiche Geld (+ günstiger) wesentlich ausdrucksvollere Destillate. Aber mit einem Aberlour oder Edradour kann er doch in keiner Weise mithalten! Ausserdem wird ja selbst eingeräumt, dass die Zutaten weitgehend regional sind. Zu dem ist ein Vergleich des Sauerlandes mit Schottland schon sehr gewagt. Zu mal ich auch Autor des Wohnmobil Tour Guide Schottland aus dem Reise Know Verlag bin.