Nachdem ich schon irgendwas zwischen 20 und 30 schottischen Destillerien, eine handvoll japanische Whisky-Destillerien und ein paar der kleineren deutschen Brenner gesehen hatte, stand schon seit längerem Deutschlands größte und vielversprechendste Whisky-Destillerie St. Kilian auf meiner Wunschliste. Von ihren Produkten hatte ich schon einige probiert und war bisher zumindest insoweit davon angetan, als es meiner Meinung nach die einzige in Deutschland ist, die auf lange Frist mit den Schotten konkurrieren kann. Zudem produziert St. Kilian in so (verhältnismäßig) großem Maßstab, dass sie ihre Abfüllungen auch zu konkurrenzfähigen Preisen verkaufen können und man nicht gleich gefühlt die ganze Destillerie kaufen muss, wenn man doch eigentlich nur eine Flasche möchte.
Nach Rüdenau also. Das ist mit 760 Einwohnern nun nicht gerade der Nabel der Welt, aber nebenan liegt das Städtchen Miltenberg mit schöner Altstadt und Burg und übernachten muss man (ohne Fahrer) ja sowieso. Dass ich dann allerdings ausgerechnet die Woche mit der Michaelismesse, dem Ereignis des Jahres in Miltenberg und Umgebung, erwische, war so nicht geplant …
Anyway, in Ermangelung eines Fahrers und angesichts von immerhin vier versprochenen Drams bei der Cask Experience Tour ging es dann eben per Taxi ins rund 6 km entfernte Rüdenau (ca. 20 € pro Fahrt). Prinzipiell ginge es auch mit dem Bus von Miltenberg. Gleich am Ortseingang, in der Hauptstraße 1–5, liegt die Destillerie in einer alten Textilfabrik. Die Einfahrt begrüßt einen mit aufgestapelten Fässern wie bei manch schottischer Destillerie, Getreidesilos und einem hübschen alten Truck als Blickfang.
Der Shop und Tastingraum liegt im ersten Stock über den Produktionsräumen und ist modern und mit viel Holz ausgestattet. Auf dem Treppenabsatz nach oben ist eine „Wall of Fame“ eingerichtet, mit allen bisher erhaltenen Auszeichnungen. Wenn noch mehr dazu kommen, müssen sie anbauen…
Derzeit werden drei verschiedene Touren angeboten: Eine Entdecker-Tour mit Fokus auf die Produktion, die von mir gebuchte Fasserlebnis-Tour mit zusätzlicher Besichtigung des Warehouses für die Private Casks und einer Probe aus einem Fass, sowie die World-Whisky-Tour mit einem Vergleich zu internationalen Whiskys.
Los ging es mit einem Dram der St. Kilian Signature Edition Ten und einer unterhaltsamen Geschichte zur Entstehung der Destillerie, einem Abstecher zu den Malzsilos vor dem Eingang und der Erläuterung der weiteren Produktionsschritte bis hin zur Mashtun, den vier über 10.000 Liter fassenden Washbacks und dem Stillhouse mit den beiden 6000-Liter-Stills von Forsythe in Schottland.
Dort gab dann von unserem entspannten Guide sehr detaillierte Informationen zu den langen Gärzeiten (rund 65 Stunden) und den deutschen Vorschriften zur Verschlussbrennerei, weshalb nicht nur der Spirit Safe, sondern auch gleich die ganze Spirit Still in einem verschlossenen Glaskäfig stehen. Außerdem gab es passenderweise einen New Make zur Verkostung, wenn auch herunter verdünnt auf 43%. Angesichts der Temperatur im Stillhouse vielleicht auch besser so…
Anschließend dann die Besichtigung der direkt darunter liegenden Abfüllanlage mit Tankstellen-Zapfhahn zur Befüllung der Fässer. Danach ging es über den Hof mit auf Neubefüllung wartenden gebrauchten Fässern direkt weiter ins Private Cask Warehouse.
Bei St. Kilian gibt es ein Private-Cask-Programm, bei dem man sich kleine Fässer von 30 Liter Fassungsvermögen aus verschiedenen Fasstypen auswählen und mit New Make befüllen lassen kann. Dieses Fass reift dann drei Jahre lang in diesem Warehouse und kann einmal im Jahr besichtigt werden. Danach wird es in Flaschen abgefüllt (ca. 50 pro Fass) und diese mit einem Wunschetikett versehen. Das Ganze als Komplettpaket für ca. 2.400 bis 3.200 Euro, je nach Fasstyp und Füllung.
Im Warehouse stehen neben einer beeindruckenden Menge an Private Casks auch drei aufgeschnittene Fässer, an denen man sehr schön die Unterschiede der Vorbefüllungen sehen kann. Im ersten Foto oben von links nach rechts ein ausgebranntes Bourbon Cask, ein Sherry Cask mit Hefe-Rückständen am Holz und rechts ein Weinfass mit deutlich rotem Schimmer. Direkt daneben stand dann noch ein Ruby-Port-Fass, aus dem es den dritten Dram gab. Danach ging es wieder nach oben in den Tastingraum, vorbei an einem Raum mit der Privatsammlung von Firmengründer Andreas Thümmler.
Wie viele schottische Destillerien bietet auch St. Kilian ein „Handfilled“ an, derzeit eine Tokajer Eiche, nicht unbedingt mein Geschmack. Viel lieber war mir da der aktuelle Ambassador’s Choice aus einem Madeira-Rum-Fass, ausgesucht von Master Distiller Mario Rudolf und Brand Ambassador Olli Fink, den es am Schluss auch noch zu probieren gab. Zu guter Letzt bekam dann noch jeder Teilnehmer ein St. Kilian Nosing-Glas mit dem interessanten Detail, dass es nur einen 4cl-Eichstrich hat. Wer kann am meisten tanken? Die Franken!
Mein Besuch hat sich auf jeden Fall gelohnt. Die Tour ging volle zwei Stunden, kostete 30 € und es gab dafür vier Drams. Man darf explizit alles fotografieren (in Schottland nicht überall erwünscht…) und jede Frage wurde kompetent beantwortet. Die Crew ist allgemein gut gelaunt und sehr entspannt. Wenn Ihr auch mal in die Gegend kommt, schaut doch mal rein. Die Touren kann bzw. muss man vorab auf der Website buchen, die meisten Termine liegen an Freitagen und Samstagen. Termine unter der Woche sind nach vorheriger Absprache auch möglich.
(* = Affiliate-Link / Bildquelle: Amazon-Partnerprogramm)
Nachdem ich schon irgendwas zwischen 20 und 30 schottischen Destillerien, eine handvoll japanische Whisky-Destillerien und ein paar der kleineren deutschen Brenner gesehen hatte, stand schon seit längerem Deutschlands größte und vielversprechendste Whisky-Destillerie St. Kilian auf meiner Wunschliste. Von ihren Produkten hatte ich schon einige probiert und war bisher zumindest insoweit davon angetan, als es meiner Meinung nach die einzige in Deutschland ist, die auf lange Frist mit den Schotten konkurrieren kann. Zudem produziert St. Kilian in so (verhältnismäßig) großem Maßstab, dass sie ihre Abfüllungen auch zu konkurrenzfähigen Preisen verkaufen können und man nicht gleich gefühlt die ganze Destillerie kaufen muss, wenn man doch eigentlich nur eine Flasche möchte.
Nach Rüdenau also. Das ist mit 760 Einwohnern nun nicht gerade der Nabel der Welt, aber nebenan liegt das Städtchen Miltenberg mit schöner Altstadt und Burg und übernachten muss man (ohne Fahrer) ja sowieso. Dass ich dann allerdings ausgerechnet die Woche mit der Michaelismesse, dem Ereignis des Jahres in Miltenberg und Umgebung, erwische, war so nicht geplant …
Anyway, in Ermangelung eines Fahrers und angesichts von immerhin vier versprochenen Drams bei der Cask Experience Tour ging es dann eben per Taxi ins rund 6 km entfernte Rüdenau (ca. 20 € pro Fahrt). Prinzipiell ginge es auch mit dem Bus von Miltenberg. Gleich am Ortseingang, in der Hauptstraße 1–5, liegt die Destillerie in einer alten Textilfabrik. Die Einfahrt begrüßt einen mit aufgestapelten Fässern wie bei manch schottischer Destillerie, Getreidesilos und einem hübschen alten Truck als Blickfang.
Der Shop und Tastingraum liegt im ersten Stock über den Produktionsräumen und ist modern und mit viel Holz ausgestattet. Auf dem Treppenabsatz nach oben ist eine „Wall of Fame“ eingerichtet, mit allen bisher erhaltenen Auszeichnungen. Wenn noch mehr dazu kommen, müssen sie anbauen…
Derzeit werden drei verschiedene Touren angeboten: Eine Entdecker-Tour mit Fokus auf die Produktion, die von mir gebuchte Fasserlebnis-Tour mit zusätzlicher Besichtigung des Warehouses für die Private Casks und einer Probe aus einem Fass, sowie die World-Whisky-Tour mit einem Vergleich zu internationalen Whiskys.
Los ging es mit einem Dram der St. Kilian Signature Edition Ten und einer unterhaltsamen Geschichte zur Entstehung der Destillerie, einem Abstecher zu den Malzsilos vor dem Eingang und der Erläuterung der weiteren Produktionsschritte bis hin zur Mashtun, den vier über 10.000 Liter fassenden Washbacks und dem Stillhouse mit den beiden 6000-Liter-Stills von Forsythe in Schottland.
Dort gab dann von unserem entspannten Guide sehr detaillierte Informationen zu den langen Gärzeiten (rund 65 Stunden) und den deutschen Vorschriften zur Verschlussbrennerei, weshalb nicht nur der Spirit Safe, sondern auch gleich die ganze Spirit Still in einem verschlossenen Glaskäfig stehen. Außerdem gab es passenderweise einen New Make zur Verkostung, wenn auch herunter verdünnt auf 43%. Angesichts der Temperatur im Stillhouse vielleicht auch besser so…
Anschließend dann die Besichtigung der direkt darunter liegenden Abfüllanlage mit Tankstellen-Zapfhahn zur Befüllung der Fässer. Danach ging es über den Hof mit auf Neubefüllung wartenden gebrauchten Fässern direkt weiter ins Private Cask Warehouse.
Bei St. Kilian gibt es ein Private-Cask-Programm, bei dem man sich kleine Fässer von 30 Liter Fassungsvermögen aus verschiedenen Fasstypen auswählen und mit New Make befüllen lassen kann. Dieses Fass reift dann drei Jahre lang in diesem Warehouse und kann einmal im Jahr besichtigt werden. Danach wird es in Flaschen abgefüllt (ca. 50 pro Fass) und diese mit einem Wunschetikett versehen. Das Ganze als Komplettpaket für ca. 2.400 bis 3.200 Euro, je nach Fasstyp und Füllung.
Im Warehouse stehen neben einer beeindruckenden Menge an Private Casks auch drei aufgeschnittene Fässer, an denen man sehr schön die Unterschiede der Vorbefüllungen sehen kann. Im ersten Foto oben von links nach rechts ein ausgebranntes Bourbon Cask, ein Sherry Cask mit Hefe-Rückständen am Holz und rechts ein Weinfass mit deutlich rotem Schimmer. Direkt daneben stand dann noch ein Ruby-Port-Fass, aus dem es den dritten Dram gab. Danach ging es wieder nach oben in den Tastingraum, vorbei an einem Raum mit der Privatsammlung von Firmengründer Andreas Thümmler.
Wie viele schottische Destillerien bietet auch St. Kilian ein „Handfilled“ an, derzeit eine Tokajer Eiche, nicht unbedingt mein Geschmack. Viel lieber war mir da der aktuelle Ambassador’s Choice aus einem Madeira-Rum-Fass, ausgesucht von Master Distiller Mario Rudolf und Brand Ambassador Olli Fink, den es am Schluss auch noch zu probieren gab. Zu guter Letzt bekam dann noch jeder Teilnehmer ein St. Kilian Nosing-Glas mit dem interessanten Detail, dass es nur einen 4cl-Eichstrich hat. Wer kann am meisten tanken? Die Franken!
Mein Besuch hat sich auf jeden Fall gelohnt. Die Tour ging volle zwei Stunden, kostete 30 € und es gab dafür vier Drams. Man darf explizit alles fotografieren (in Schottland nicht überall erwünscht…) und jede Frage wurde kompetent beantwortet. Die Crew ist allgemein gut gelaunt und sehr entspannt. Wenn Ihr auch mal in die Gegend kommt, schaut doch mal rein. Die Touren kann bzw. muss man vorab auf der Website buchen, die meisten Termine liegen an Freitagen und Samstagen. Termine unter der Woche sind nach vorheriger Absprache auch möglich.