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Campbeltown – ein Tipp für Genießer: Glengyle, Glen Scotia und Springbank

Springbank ist ein arbeitendes Museum. Hier wird Whisky wie im 19. Jhd. gemacht, vom Mälzen bis hin zur Abfüllung, natürlich und unverfälscht. Ein einzigartiges Kleinod in der schottischen Whiskyindustrie. (c) Ernst J. Scheiner 2015

Im vier­tel­jähr­lich erschei­nen­den Irland Jour­nal ver­öf­fent­lich­te Ernie – Ernst J. Schei­ner einen lesens­wer­ten Arti­kel, der einen guten Ein­blick in die heu­ti­ge Bren­ne­rei-Land­schaft von Camp­bel­town gibt. Wie­der­ga­be mit freund­li­cher Geneh­mi­gung des Chris­ti­an Lud­wig Ver­lags, Moers.

„Mull of Kin­ty­re / Oh, mist rol­ling in from the sea / My desi­re is always to be here / Oh, Mull of Kin­ty­re…“ schall­te es 1977 aus den Radi­os und mach­te Paul McCart­neys Song für zehn Wochen zur No. 1 in den deut­schen und iri­schen Charts. Das Kap im Süd­wes­ten Schott­lands, an den Straits of Moyle gegen­über Irland und süd­west­lich von Glas­gow gele­gen, wur­de schlag­ar­tig weltberühmt.

Die Kel­ten wink­ten vom Maol Chinn Tìre hin­über zu ihren Ver­wand­ten an der iri­schen Küs­te. Sie kann­ten die berühm­ten neun Glens von Antrim. Mit ihren long boats ruder­ten sie auf dem North Chan­nel nach Islay, Jura oder Irland. Es ist daher kein Wun­der, dass Bai­le an Chais­leá­in (Gälisch für Bal­ly­cast­le) seit dem 17. Jhd. bis heu­te zu sei­ner jähr­li­chen Ould Lamm­as Fair zahl­rei­che Gäs­te aus dem nahe­ge­le­ge­nen Kin­ty­re oder Islay begrüßt. Wenn dort die Bren­ne­rei­en Bow­mo­re, Bruich­lad­dich, Lochind­aal und Port Ellen ihre Gers­te mälz­ten, roch es an der Küs­te Antrims nach gerös­te­tem Malz und Torfrauch.

Die in Fin­lag­gan auf Islay resi­die­ren­den Lords of the Isles hat­ten vom 13. bis 15. Jhd. die Regi­on im Wes­ten Schott­lands poli­tisch ver­eint und einen gro­ßen Wirt­schaft­raum geschaf­fen, der von Antrim, über Argyll und bis hin zu den nord­west­li­chen Hebri­den reich­te. Selbst die Gebie­te um Glen­coe in Loch­aber zähl­ten dazu, denn der König Schott­lands, Robert the Bruce, hat­te einem der Lord of the Isles, Angus Og Mac­Do­nald, vie­les zu ver­dan­ken. Auf Islay fand er schüt­zen­de Zuflucht vor dem ihn ver­fol­gen­den eng­li­schen König Edward II. Spä­ter unter­stütz­te ihn der Fürst der Inseln in der berühm­ten Schlacht von Ban­nockb­urn (1314). Die Men­schen im Reich der Lord of the Isles spra­chen die glei­che Spra­che, lausch­ten den glei­chen Legen­den und Mär­chen, teil­ten doch sie die­sel­ben eth­ni­schen Wur­zeln. Ihre Vor­fah­ren wur­den von den römi­schen Geschichts­schrei­bern als Sco­ti bezeich­net. Mit ihren Über­fäl­len mach­ten sie das Leben den römi­schen Sied­lern im süd­li­chen Schott­land unsicher.

Irische Wurzeln

Die aus Uls­ter kom­men­den iri­schen Stäm­me Cen­él Loairn, Cen­él nÓen­gusa, Cen­él nGa­b­rá­in sie­del­ten im nord­west­li­chen Schott­land und in Argyll, auf Islay und bevöl­ker­ten die Halb­in­sel Kin­ty­re. Sie grün­de­ten bereits im 6. Jhd. ein König­reich und benann­ten es mit dem alt-Iri­schen Begriff Dál Ria­ta, auf Deutsch ‚Tei­le von…’ Ihre im Kilm­ar­tin Glen gele­ge­ne Fes­tung Dunn­ad war das poli­tisch-kul­tu­rel­le Zen­trum. Von hier aus regier­ten sie über die nörd­li­chen Tei­le Uls­ters und die schot­ti­sche West­küs­te. Zwei­hun­dert Jah­re spä­ter im Jahr 843 soll­te einer der Köni­ge von Dál Ria­ta, Ken­neth MacAl­pin, der ers­te König des neu­en König­reichs Alba wer­den, das die im west­li­chen Schott­land sie­deln­den Sco­ti mit denen im nord­öst­li­chen Schott­land leben­den Pic­ti vereinigte.

Es waren ver­mut­lich die iri­schen Sied­ler, die den christ­li­chen Glau­ben all­mäh­lich in die iro-schot­ti­schen Town­ships brach­ten. Die Legen­de berich­tet, dass Saint Colum­ba mit zwölf Getreu­en den etwa 12 Mei­len brei­ten North Chan­nel in Cur­raghs, in leder­be­spann­ten Boo­ten über­quer­te. Um 563 betrat Colm Cil­le, so sein gae­li­scher Name, von Bal­ly­cast­le kom­mend in der Cars­key Bay den Boden von Kin­ty­re und über­brach­te den dort leben­den Sco­ti das Evan­ge­li­um. Lan­ge hielt sich die Mär Colum­ba hät­te neben dem christ­li­chen Glau­ben auch die Kunst der Destil­la­ti­on nach Schott­land gebracht. Nach neue­ren Erkennt­nis­sen waren es wohl die bele­se­nen irisch-stäm­mi­gen Medi­zi­ner der Lord of the Isles, die Mac­Beat­has oder Bea­tons, die das Destil­la­ti­ons­wis­sen der spa­ni­schen Mau­ren im 13. und 14. Jahr­hun­dert nach Islay und damit nach Schott­land brachten.

Usquebaugh = Wasser des Lebens

Wahr­schein­lich wur­de seit jener Zeit in Kin­ty­re das Was­ser des Lebens – auf Irisch uis­ce bea­tha und auf Schot­tisch uis­ge bea­tha – gebrannt, denn die Gers­te wuchs dort präch­tig, fand sie doch bes­te Anbau­be­din­gun­gen vor, ein feuch­tes Kli­ma bei der Aus­saat, mine­ral­rei­chen Boden und lan­ge Son­nen­ta­ge im Som­mer. Was­ser und Torf gab es zum Destil­lie­ren im Über­fluss. Die Gers­te wur­de gemälzt, um dar­aus ein rau­chi­ges Bier zu brau­en, wel­ches mit loka­len Gewür­zen oder impor­tier­tem Ing­wer aro­ma­ti­siert wur­de. Bier ist ja bekannt­lich die Grund­la­ge für das Bren­nen eines Whis­kys. Es wird berich­tet, dass der Laird of Cal­der, Alex Camp­bell, im Sep­tem­ber 1591 als Pacht­zins einen Krug gefüllt mit Was­ser des Lebens erhielt. Der feu­da­le Groß­grund­be­sit­zer konn­te nicht erah­nen, dass sich im 19. Jhd. Camp­bel­town in Kin­ty­re ein­mal zur Whis­ky-Welt­haupt­stadt mit bis zu 34 akti­ven Bren­ne­rei­en ent­wi­ckeln würde.

Der Stand­ort mit einer natür­li­chen Hafen­bucht war ide­al. Lee­re Fäs­ser der schot­ti­schen und iri­schen Whis­ky-Blen­der sowie Gers­te aus den Low­lands oder Irland konn­ten leicht ange­lan­det wer­den. Mit vol­len Whis­ky-Fäs­sern kehr­ten die dampf­be­trie­be­nen Cly­de Puf­fers in die Whis­ky-Blend Cen­tres von Glas­gow oder Bel­fast zurück. Whis­ky, Schiffs­bau, Vieh­zucht, Fisch­fang und ein reger Han­del mach­ten die von ihren Ein­woh­nern char­mant umschrie­be­ne Wee Town, klei­ne Stadt, zu der pro­spe­rie­ren­den Wirt­schafts­zo­ne in Kin­ty­re. Der rasch wach­sen­de Wohl­stand spie­gel­te sich in der vik­to­ria­ni­schen Archi­tek­tur der Bür­ger­häu­ser, der öffent­li­chen Gebäu­de und in den Stra­ßen wie­der. Geld spiel­te kei­ne Rol­le. Die ange­sag­ten Glas­gower Archi­tek­ten John Bur­net, Tho­mas Wat­son oder Hen­ry Clif­ford schu­fen ein Stadt­bild, des­sen rotes Sand­stein­ge­sicht an die Metro­po­le am River Cly­de erinnert.

Als der Chro­nist Alfred Bar­nard 1885–86 die Whis­ky-Bren­ne­rei­en des Ver­ei­nig­ten König­reichs bereis­te, doku­men­tier­te er 21 Whis­ky-pro­du­zie­ren­de Distil­le­ries in Camp­bel­town. Klang­vol­le Namen wie Albyn, Ben­mo­re, Dala­ru­an, Glen Nevis, Kin­loch, Lochside, Riechlachan u.a. beleg­ten die gro­ße Beliebt­heit der Sin­gle Malts aus Kin­loch­kil­ker­ran, wie die alte Stadt­be­zeich­nung des Roy­al Borough bis ins 17. Jhd. lau­te­te. Heut­zu­ta­ge sucht der Whis­ky-Lieb­ha­ber nach die­sen Bren­ne­rei­en ver­ge­bens, denn sie über­leb­ten wie vie­le ihrer iri­schen Nach­barn den in den 1920ern mit der ame­ri­ka­ni­schen Pro­hi­bi­ti­on und der Welt­wirt­schafts­kri­se ein­set­zen­den Nie­der­gang nicht. Übrig blie­ben nur die Bren­ne­rei­en Glen­gyle, Glen Sco­tia und Springbank.

The New Lord of the Isles

Frank McHardy steht für die Wiedergeburt des Campbeltown Whiskys. Als erster Schotte arbeitete er als Manager in irischen und schottischen Brennereien. Heute leitet die er die Springbank Whisky School. (c) Ernst J. Scheiner 2015

Frank McHar­dy war und ist das Gesicht der Whis­ky-Renais­sance von Camp­bel­town. Bis 2013 präg­te er wie kein ande­rer 26 Jah­re lang die Sin­gle Malts von Spring­bank. Er führ­te die von den Far­mern und Schaf­züch­tern John und Wil­liam Mit­chell 1837 erwor­be­ne Bren­ne­rei zu neu­em Ruhm. Noch heu­te ist Spring­bank in der sieb­ten Gene­ra­ti­on im Fami­li­en­be­sitz von Hed­ley G. Wright, eines direk­ten Nach­fah­ren der Mit­chells. Sie ist somit die ältes­te fami­li­en­ge­führ­te unab­hän­gi­ge Destil­le­rie Schottlands.

Als der jun­ge Frank im Alter von 14 Jah­ren die Schu­le ohne einen Abschluss ver­ließ und sich als Land­ar­bei­ter durch­schlug, konn­te er sich nicht vor­stel­len, ein­mal als welt­be­kann­ter Whis­ky-Bot­schaf­ter in Maga­zi­nen und auf Mes­sen zu erschei­nen. In der Inver­g­or­don Grain Distil­lery begann er im März 1963 als Hilfs­kraft sein Leben für den Whis­ky zu ent­fal­ten. „Mein Vater war für das Per­so­nal zustän­dig und gab mir eine Chan­ce.“ Als Schicht­ar­bei­ter durch­leb­te er eine für Schott­land typi­sche Kar­rie­re. Stu­fen­wei­se erar­bei­te­te sich Frank neue Kom­pe­ten­zen und ent­wi­ckel­te sich vom Malt­man, Mash­man, Still­man, Warehouse­man bis hin zum Head Bre­wer, Mas­ter Distil­ler und schließ­lich zum Distil­lery Mana­ger. Sta­tio­nen waren die Spey­si­de-Bren­ne­rei Tam­na­vu­lin, die Islay-Bren­ne­rei Bruich­lad­dich und die Bush­mills Distil­lery in Antrim. „Dort ver­brach­te ich mei­ne glück­lichs­ten Jah­re, die Iren sind halt fan­tas­ti­sche Men­schen,“ erin­nert sich Frank weh­mü­tig. „In Irland erlern­te ich als Mas­ter Distil­ler die Koor­di­na­ti­on der Pro­duk­ti­ons­pro­zes­se eines drei­fach gebrann­ten Sin­gle Malts und war ver­ant­wort­lich für 30 Mit­ar­bei­ter. Bush­mills war damals die Schot­tischs­te der iri­schen Bren­ne­rei­en.“ Er habe da in zehn Jah­ren viel Neu­es gelernt. Einer sei­ner Lehr­meis­ter Brendan Mon­ks – Mas­ter of Matu­ra­ti­on bei den Mid­le­ton Distil­le­ries im Co. Cork – habe ihm detail­liert die Wir­kungs­pro­zes­se der Fass­rei­fung eines Whis­kies erläu­tert. Gemein­sam sei­en sie in den Bode­gas von Jerez und Por­to auf die Suche nach Sher­ry- und Port­wein­fäs­sern für die Rei­fung ihrer Whis­kies gegan­gen. Frank McHar­dy wur­de damit zum ein­zi­gen Schot­ten, der sowohl in Antrim, Islay als auch in Kin­ty­re ver­ant­wort­lich Whis­ky destil­lier­te, sozu­sa­gen ein pro­mi­nen­ter Lord of the Isles der heu­ti­gen Zeit.

Springbank

Springbank ist ein arbeitendes Museum. Hier wird Whisky wie im 19. Jhd. gemacht, vom Mälzen bis hin zur Abfüllung, natürlich und unverfälscht. Ein einzigartiges Kleinod in der schottischen Whiskyindustrie. (c) Ernst J. Scheiner 2015

Auf sei­ne Zeit bei Spring­bank ist Frank McHar­dy aller­dings beson­ders stolz, denn es sei die ein­zi­ge noch ver­blie­be­ne schot­ti­sche Bren­ne­rei, die mitt­ler­wei­le alle Her­stel­lungs­pro­zes­se vor Ort selb­stän­dig und voll­stän­dig ver­ant­wor­te. „Paul McCart­neys neu­er Hit Mull of Kin­ty­re tön­te im Feather’s Inn, als ich erst­mals nach Camp­bel­town kam. Die Bren­ne­rei war damals nicht sehr bedeu­tend, wir pro­du­zier­ten wenig Whis­ky, wir kauf­ten sogar das Malz von der Indus­trie,“ erin­nert sich Frank, „aber wir muss­ten über­le­ben und Spring­bank ent­wi­ckeln. Wir besan­nen uns auf unse­re eige­nen Stär­ken.“ Seit den 90er Jah­ren sind Spring­bank Whis­kies unter Whis­ky­ke­n­nern Kult, auch dank der ehr­li­chen und über­zeu­gen­den Aus­strah­lung des Pro­duc­tion Direc­tors Frank McHardy.

„Heu­te mäl­zen wir unse­re Gers­te nach tra­di­tio­nel­len Metho­den auf der Ten­ne selbst, destil­lie­ren ohne Com­pu­ter, rei­fen den Whis­ky in unse­ren fünf tra­di­tio­nel­len Dun­na­ge Warehou­ses und zwei Steel­rack Warehou­ses am Ort der Bren­ne­rei. Selbst die Abfül­lung der Fla­schen geschieht per Hand aus­schließ­lich durch uns.“ Spring­bank sei mit rund 33 Mit­ar­bei­tern einer der gro­ßen Arbeit­ge­ber in Camp­bel­town: „Wir tra­gen eine gro­ße Ver­ant­wor­tung für die Stadt.“ Mit etwa 130 000 Litern Jah­res­pro­duk­ti­on im Jah­re 2014 gehört Spring­bank jedoch zu den kleins­ten Whis­ky-Pro­du­zen­ten Schott­lands überhaupt.

Gavin McLachlan (c) Ernst J. Scheiner 2015

Sein Nach­fol­ger Gavin McLach­lan ist ein wasch­ech­ter „Jun­ge“ aus Camp­bel­town. „Ich hat­te den bes­ten Lehr­meis­ter, wur­de von Frank aus­ge­bil­det und durch­lief alle Jobs der Whis­ky-Her­stel­lung,“ schwärmt der beschei­de­ne und belieb­te Distil­lery Mana­ger. In nur vier Jah­ren stieg er vom Fla­schen­fül­ler in der bren­ne­rei­ei­ge­nen Bot­t­ling Hall, zum Mash­man und Still­man auf. 2006 durf­te er schon den Distil­lery Mana­ger ver­tre­ten und 2010 wur­de er Mana­ger – eine Blitz­kar­rie­re. Er ist zudem seit 60 Jah­ren der ers­te local, der die Mit­chell-Distil­lery führt. „Wir pro­du­zie­ren mit unse­ren drei kup­fer­nen zwie­bel­för­mi­gen Brenn­bla­sen den zwei­ein­halb­fach destil­lier­ten Spring­bank mit sei­ner fei­nen dezen­ten Rauch­no­te, den stark getorf­ten zwei­fach gebrann­ten Lon­grow, sowie den drei­fach-destil­lier­ten Hazelb­urn wie in Bush­mills aus nicht getorf­tem Malz. Von den bei­den letz­te­ren wer­den jähr­lich nur jeweils 10 000 Liter gebrannt.“ Der Spi­rit rei­fe am Ort in Eichen­holz­fäs­sern in denen zuvor ent­we­der Bour­bon, Sher­ry, Port, Madei­ra oder Rum lagerten.

Glengyle reborn

Glengyle Distillery wurde 2004 wiedergeboren. Ein Schmuckstück der ehemaligen Whisky-Welthauptstadt Campbeltown. (c) Ernst J. Scheiner 2015

Die nur vier­hun­dert Meter von Spring­bank ent­fern­te Glen­gyle Distil­lery gehe auf einen Streit der Grün­dungs­brü­der John und Wil­liam Mit­chell zurück. „Sie strit­ten sich so hef­tig über die Schaf­zucht, dass Wil­liam 1872 sei­ne eige­ne Gers­ten-Bren­ne­rei grün­de­te,“ erläu­tert Gavin, der pas­sio­nier­te Golf­spie­ler des welt­be­rühm­ten Mach­riha­nish Clubs. In der Gle­be Street spru­del­te bis 1925 der Gers­ten­brand aus den kup­fer­nen Brenn­bla­sen. Danach nut­zen und erhiel­ten ein Schüt­zen­club und eine Bau­ern-Koope­ra­ti­ve die Gebäu­de. Im Jah­re 2000 kauf­te der Besit­zer von Spring­bank, Hed­ley G. Wright, die alten, ent­kern­ten Gebäu­de der Glen­gyle Distil­lery, denn er woll­te die alte regio­na­le Her­kunfts­be­zeich­nung Camp­bel­town für sei­ne Whis­kies unbe­dingt erhal­ten. Dazu waren nach den Bestim­mun­gen min­des­tens drei Destil­le­rien in einer Regi­on not­wen­dig. Zu Glen Sco­tia und Spring­bank gesell­te sich ein neu­er, alter Mit­strei­ter. Frank McHar­dy mach­te sich auf die Suche nach einer Aus­stat­tung. Er hat­te gro­ßes Glück. Von der Spey­si­de-Bren­ne­rei Crai­gel­lachie kam die dort aus­ge­mus­ter­te Por­teus-Malz­müh­le, von der im Jah­re 1993 still­ge­leg­ten Nor­t­hern High­land Distil­lery Ben Wyvis in Inver­g­or­don stamm­ten die Brenn­bla­sen. Dort hat­te er als Teen­ager ehe­dem den Hof gefegt und ihren Ein­bau beob­ach­tet. „Die Kup­fer­schmie­de von For­syth in Rothes modi­fi­zier­ten die noch sehr gut im Kup­fer erhal­te­nen und nur zehn Jah­re alten Pot Stills dahin­ge­hend, dass wir einen leich­ten, fruch­ti­gen, ja flo­ra­len Ges­ten­brand in Glen­gyle erzeu­gen kön­nen,“ freut sich Frank McHardy.

Am 25. März 2004 wur­de die Bren­ne­rei fei­er­lich wie­der eröff­net. Das ers­te Destil­lat wur­de zur Rei­fung auf zwei Sher­ry Butts, ein Bour­bon Bar­rel sowie jeweils ein Madeira‑, ein Port- und ein Rum­fass ver­teilt. 2014 wer­den die­se Whis­kies als „Six Packs“ auf den Markt kom­men. „Aller­dings wer­den sie, wie alle bis­her abge­füll­ten Fla­schen, nicht mit dem Label Glen­gyle Sin­gle Malt beti­telt, son­dern mit Kil­ker­ran, da wir nicht die Namens­rech­te dafür besit­zen. Es gibt bereits einen Blen­ded Whis­ky, der so heißt,“ erklärt Gavin McLach­lan sein Dilem­ma, „aber wie alle unse­re Pro­duk­te wer­den auch die­se Whis­kies weder kühl­ge­fil­tert noch mit E150 gefärbt, so blei­ben sie in ihrer Aro­men- und Geschmacks­qua­li­tät zu 100% erhal­ten und erschei­nen voll­kom­men unverfälscht.“

Glen Scotia, Tal der Schotten

Unter Distillery Manager Iain McAlister erwachte Glen Scotia zu neuem Leben. Die Destillation wird auch heute noch handgesteuert. (c) Ernst J. Scheiner 2015

Hier spukt es – der Geist von Dun­can Mac­Cul­lum durch­weht das alte Gemäu­er. Hat­te sich doch der ehe­ma­li­ge Besit­zer von Glen Sco­tia 1930 als Fol­ge sei­nes Bank­rotts just im Crosshill Loch ertränkt, aus dem sei­ne Distil­lery wie auch Glen­gyle und Spring­bank das Pro­duk­ti­ons­was­ser bezie­hen. Ihr Name wur­de aus dem Gäli­schen Glen Sco­ti, also Tal der Schot­ten, abge­lei­tet. Die im Jah­re 1832 gegrün­de­te Bren­ne­rei ist seit 1996 im Besitz der Loch Lomond Distil­lery Co. – Glen Catri­ne Bond­ed Warehou­ses Ltd.- war, wur­de im März 2014 an die Inves­to­ren­grup­pe Expo­nent Pri­va­te Equi­ty Part­ners Gp Ii in Edin­burgh ver­äu­ßert. Vie­le unglück­li­che Zei­ten mar­kie­ren die Geschich­te des in der High Street von Camp­bel­town lie­gen­den Unter­neh­mens. Häu­fi­ge Besit­zer­wech­sel und feh­len­des Kapi­tal ver­ur­sach­ten gro­ße Pro­ble­me. Von 1927 bis 1935, von 1984 bis 1989 und schließ­lich von 1994 bis 1999 ruh­te der Betrieb gänz­lich. Es ist daher umso erstaun­li­cher, dass Glen Sco­tia das mas­sen­haf­te Bren­ne­reister­ben Camp­bel­towns in den 1920er Jah­ren über­leb­te. Damals schlos­sen 17 Bren­ne­rei­en ihre Pfor­ten für immer. Distil­lery Mana­ger Iain McA­lis­ter: „Man war nur am schnel­len Geld inter­es­siert, die Qua­li­tät der Pro­duk­ti­on litt daher erheb­lich. Die Whis­kies waren oft schlecht. So etwas akzep­tier­ten die Whis­ky-Blen­der auf dem schot­ti­schen Fest­land nicht, Camp­bel­town-Whis­ky ließ sich ein­fach nicht mehr verkaufen.“

Glen Sco­ti­as Neu­an­fang begann mit dem Inte­rim-Enga­ge­ment von Spring­bank. Mit­te 1999 wur­de von Frank McHar­dy die Destil­la­ti­on wie­der ange­kur­belt. Davon ange­sta­chelt setz­te der eigent­li­che Besit­zer, die Loch Lomond Distil­lery Co., die Pro­duk­ti­on mit zwei Per­so­nen fort. 2005 erschien ein 12jähriger Whis­ky aus alten Lager­be­stän­den auf dem Markt, der sich unter Whis­ky­freun­den zu einem Geheim­tipp ent­wi­ckel­te. „Unse­re Sin­gle Malts wer­den selbst­ver­ständ­lich nicht mit Zucker­ku­lör E 150 farb­lich ver­fälscht und nicht kühl­ge­fil­tert, denn wir wol­len die Aro­men und den Geschmack voll­stän­dig erhal­ten wie sie sich nach lan­ger Rei­fung im Eichen­holz­fass natür­lich auf­ge­baut haben. Wir sind stolz auf unse­re Whis­kies,“ betont der gebür­ti­ge Camp­bel­tow­ner Iain. 2012 wur­den die Fla­schen­form und das Design ver­bes­sert. Es ste­hen wie­der 10, 12, 16, 18 und 21jährige Glen Sco­tia Sin­gle Malts in den Rega­len der Geschäf­te. Nach der Über­nah­me im Jah­re 2014 wur­de ein erneu­te Ände­rung der Fla­schen­form und des Labels vorgenommen.

„Vor drei Jah­ren began­nen wir die Bren­ne­rei sys­te­ma­tisch zu reno­vie­ren, eine neue Heiz­tech­nik wur­de ein­ge­baut und die bestehen­de Anla­ge auf­ge­frischt. Aber wir haben ihren tra­di­tio­nel­len Cha­rak­ter erhal­ten, bei uns gibt es kei­ne Com­pu­ter, alles wird hand­ge­macht,“ beschreibt der frü­he­re Was­ser­tech­ni­ker und Quer­ein­stei­ger sei­ne Phi­lo­so­phie. In der Tat, ein Besuch der Glen Sco­tia Distil­lery ist wie der Gang in eine ande­re Zeit, über­all strahlt Pati­na und fas­zi­niert die Besu­cher. Mitt­ler­wei­le wird dem Trend fol­gend auch getorf­tes Malz ver­ar­bei­tet, was bis­her unty­pisch für Glen Sco­tia Malts war. 2013 spru­del­ten rund 24 000 Liter rau­chi­ger Spi­rit durch den Spi­rit Safe, wäh­rend der Anteil des nor­ma­len Spi­rits etwa 400 000 Liter Jah­res­pro­duk­ti­on erreich­te. „Der typi­sche Glen Sco­tia ist fruch­tig, flo­ral und frisch in den Aro­men, er ist aber auch wür­zig, daher reift er fast aus­schließ­lich in first fill Bour­bon bar­rels,“ beschreibt Iain sei­ne Whis­kies, „denn in die­sen Eichen­holz­fäs­sern ent­fal­ten sich die leich­ten Aro­men beson­ders gut.“

Fazit

In Camp­bel­town haben das mas­si­ve Ster­ben von 31 Whis­ky Distil­le­ries, der Rück­gang der Fische­rei und des Schiffs­baus deut­li­che Spu­ren hin­ter­las­sen. Die Stadt lei­det noch heu­te an Auszehrung.

Selbst Sir Paul McCart­ney, der 1966 die 600 acre High Park Farm unweit der ehe­ma­li­gen Welt-Whis­ky-Metro­po­le erwor­ben hat­te, kam in den ver­gan­ge­nen Jah­ren kaum noch in sei­nen per­sön­li­chen Rück­zugs­ort. Vor allem sei­ne 1997 ver­stor­be­ne Frau Lin­da schätz­te eben­falls das Leben in der „Ein­sam­keit am Ende der Welt.“ Gemein­sam mit ihren Kin­dern Hea­ther, Stel­la, James und Mary genos­sen bei­de von den sieb­zi­ger bis in die neun­zi­ger Jah­re das ein­fa­che länd­li­che Leben wäh­rend der Som­mer­mo­na­te. „We lik­ed the pri­va­cy and the views to Antrim in Nor­t­hern Ire­land.“ Der Feld­weg, der zu ihrem beschei­de­nen Farm House führt, inspi­rier­te Paul zum Song The Long And Win­ding Road. Sie fühl­ten sich mit der Land­schaft Kin­ty­res ver­bun­den. Im Okto­ber 2013 gab McCart­ney sein Anwe­sen aller­dings über­ra­schend auf und ent­ließ zwei Wochen vor Weih­nach­ten die zwei dort für ihn lang­jäh­rig täti­gen Ange­stell­ten. Die Com­mu­ni­ty und sein Nach­bar David Young reagier­ten geschockt, waren sie doch immer stolz, ihn als einen der ihren unter sich zu wis­sen: „But put­ting peo­p­le out of hou­ses and sack­ing peo­p­le is going to sour things.“ Die SUN titel­te: „Cull of Kintyre.“

Camp­bel­town und Kin­ty­re sind ein idea­les Rei­se­ziel für Men­schen, die sich für Geschich­te, Kul­tur, Natur, Wan­dern, Whis­ky, Moun­tain­bi­king und/oder Golf inter­es­sie­ren. Drei Bren­ne­rei­en und sie­ben erst­klas­si­ge Golf­plät­ze, dar­un­ter Cham­pi­on­ship Cour­ses, sind zu ent­de­cken. Im Som­mer gibt es sogar eine Fähr­ver­bin­dung nach Bal­ly­cast­le, die einen Besuch der Bush­mills Distil­lery oder einen der Glens of Antrim ermöglicht.

Weitere Informationen

Destil­le­rien:www.springbank.scot
www.glenscotia-distillery.co.uk
www.kintyre.org

Camp­bel­town:
www.whisky-distilleries.net, The Gate­way to Distil­le­ries
www.hawe-bremen.de, Impor­teur von Glen Sco­tia und Springbank

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Ernst J. Scheiner ist der Herausgeber des Portals The Gateway to Distilleries und hat über 140 Destillerien fotografisch von innen dokumentiert sowie ihre Produktion beschrieben. Seit seinem Studium an der University of Edinburgh befasst er sich mit Whisky und publiziert in englisch- und deutschsprachigen Blogs sowie Magazinen über schottische und irische Destillerien. Als Whisk(e)y-Botschafter führt er Tasting-Kollegs und Studienreisen für Einrichtungen der Erwachsenenbildung sowie für das EBZ Irland durch.