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Prozente beim Whisky: Von der Fassstärke zur Trinkstärke

Strathisla 12

Heu­te mal wie­der ein Bei­trag für die Ein­stei­ger. Bei mei­nen Tastings wer­de ich oft gefragt, war­um man­che Whis­kys 40%, ande­re 43% oder sogar 46% und mehr haben. Hier die Erklärung:

Lan­ge Jah­re war Whis­ky fast nur mit 40% erhält­lich, manch­mal auch mit 43%, letz­te­res vor allem beim zoll­frei­en Ein­kauf und bei Son­der­ab­fül­lun­gen wie z.B. Literflaschen.

Ein typischer Whisky mit 40%: Strathisla 12

Die Geset­ze besa­gen, dass Whis­ky mit min­des­tens 40% abge­füllt sein muss, um die­sen Namen tra­gen zu dür­fen. Und jedes zusätz­li­che Pro­zent Alko­hol kos­tet Alko­hol­steu­er. Um den Whis­ky mög­lichst güns­tig anbie­ten zu kön­nen hat man ihn des­halb bis auf 40% her­un­ter ver­dünnt und nur die preis­güns­ti­ge­ren oder mit weni­ger Steu­er behaf­te­ten Son­der­ab­fül­lun­gen auf eine höhe­re Alko­hol­stär­ke eingestellt.

Durch Clubs von Whis­ky-Enthu­si­as­ten wie die Scotch Malt Whis­ky Socie­ty (SMWS) begann der Sie­ges­zug der Ein­zel­fass­ab­fül­lun­gen, die unver­dünnt und unge­fil­tert direkt aus dem Fass abge­füllt wur­den. Je nach Alter bedeu­tet das meist irgend­was zwi­schen 50% und 60%, manch­mal auch dar­über. Dadurch wur­den den Whis­ky-Käu­fern über­haupt erst klar, dass die Stan­dard­ab­fül­lun­gen mit 40% käl­te­ge­fil­tert wer­den und ihnen dadurch vie­le Geschmacks­stof­fe zuguns­ten eines run­de­ren, mas­sen­taug­li­che­ren Geschmacks ver­lo­ren gehen. Und ihnen wur­de klar, dass auch die Alko­hol­stär­ke den Geschmack beein­flusst, denn Alko­hol ist auch ein Geschmacks­trä­ger. Klar ist aber auch, dass Whis­ky in Fass­stär­ke nichts für jeden ist – pur getrun­ken ist er vie­len zu stark und die indi­vi­du­el­le Ver­dün­nung mit (stil­lem!) Was­ser ist jenen zu auf­wän­dig, die ein­fach nur „einen Whis­ky trin­ken“ möchten.

Glenmorangie Lasanta mit 46%

Des­halb began­nen die ers­ten Destil­le­rien, eine Zwi­schen­stu­fe am Markt zu eta­blie­ren: Die Abfül­lun­gen wur­den nicht mehr käl­te­ge­fil­tert (und auch nicht mehr nach­ge­färbt), aber trotz­dem auf 46–48% redu­ziert. Das ist einer­seits schwach genug, um auch von Ein­stei­gern pur getrun­ken zu wer­den, ande­rer­seits stark genug, dass die gefürch­te­te Ein­trü­bung des unge­fil­trier­ten Whis­kys nicht mehr auf­tritt, wenn die­ser bei Trans­port oder Lage­rung zu kalt wird. Arran und Bruich­lad­dich waren hier die Vor­rei­ter und der Trend hält immer noch an, weil sich für vie­le die­se Stär­ke als ide­al erwie­sen hat.

Durch den enor­men Erfolg der schot­ti­schen Edel­spi­ri­tuo­se in den letz­ten 10–15 Jah­re ist nun wie­der eine neue Situa­ti­on ein­ge­tre­ten: Der Whis­ky wird knapp. Wenn heu­te 10% mehr Whis­ky getrun­ken wird und die Destil­le­rien heu­te ihre Pro­duk­ti­on um 10% hoch­fah­ren, dann kön­nen sie erst in 10 Jah­ren einen 10jährigen Whis­ky ver­kau­fen – und bis dahin ist der Bedarf schon wie­der wei­ter ange­stie­gen. Die Destil­le­rien kom­men mit der Pro­duk­ti­on also nicht mehr hin­ter­her und müs­sen sich Mög­lich­kei­ten ein­fal­len las­sen, Ihren Whis­ky in grö­ße­ren Men­gen und damit letzt­end­lich jün­ger zu ver­kau­fen. Und je mehr man ihn ver­dünnt, des­to mehr steigt die Menge…

Glenlivet 16 Nàdurra mit 55,5%

Also gibt es nun wie­der den umge­kehr­ten Trend: Vie­le Stan­dard­ab­fül­lun­gen, die frü­her 46% oder 43% hat­ten, wer­den wie­der auf 43% oder 40% redu­ziert. Bei­spie­le sind der Glen­mo­ran­gie Lasan­ta (alt 46%, neu 43%) oder der Stra­this­la 12 Jah­re (alt 43%, neu 40%). Dafür gibt es dann Son­der­ab­fül­lun­gen mit erhöh­ter Trink­stär­ke für die fort­ge­schrit­te­nen Whis­ky-Freun­de, die dann meist eben­so fort­ge­schrit­te­ne Prei­se auf­wei­sen. Ein (sehr gutes) Bei­spiel dafür ist der Glen­li­vet 16 Jah­re Nàdur­ra mit 55,5%. Und wem das nicht reicht, für den gibt es immer noch das wei­te Feld der unab­hän­gi­gen Abfül­ler zu ent­de­cken, zum Bei­spiel die tol­len Ein­zel­fass-Abfül­lun­gen mit 46% von Hepburn’s Choice

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Jörg Bechtold beschäftigt sich seit Ende der 90er Jahre mit Single Malt Whisky. Auf mehreren Reisen nach Schottland hat er Land und Leute kennengelernt sowie viele Destillerien besucht. 2002 hatte er die WHISKYFANPAGE.DE begründet, seit 2006 schreibt er dieses Blog und ist außerdem als Referent für Whisky-Tastings tätig.